Politik ist seine Leidenschaft: Felix Haug, der neue Vorsitzende des Esslinger Jugendgemeinderats. Foto: Roberto Bulgrin

Eine junge Stimme in der alt ehrwürdigen Ex-Reichsstadt Esslingen: Felix Haug ist der neue Vorsitzende des Jugendgemeinderats. Der Schüler des Georgii-Gymnasiums brennt für die Politik – und für den Sport.

Dieser junge Mann lässt manche Ältere alt aussehen. Der 18-Jährige formuliert klar seine Anliegen, tritt selbstbewusst, zielgerichtet, sympathisch auf, weiß, was er will. Nein, gemauert werde in der Esslinger Stadtverwaltung nicht, versichert Felix Haug, der frisch gewählte Vorsitzende des Jugendgemeinderats. Man bekomme Auskünfte und Informationen, Rückfragen würden beantwortet. Alle Fraktionen im Gemeinderat hätten ein offenes Ohr für den jungen Rat und würden ihn ernst nehmen.

 

Stehen für das Nachwuchsparlament wichtige Punkte auf der Agenda des Gemeinderats, wird das Jung-Parlament zu den Sitzungen eingeladen. Nun ja, schränkt der Schüler der zwölften Klasse des Esslinger Georgii-Gymnasiums ein, bei manchen anderen Tagesordnungspunkten hätte sich der Jugendgemeinderat ebenfalls eine Vorabbenachrichtigung gewünscht. Aber gut – diesen Punkt wollen die Jungräte noch mit der Stadtverwaltung klären.

Bangen um Jugendtreff

Denn sie wollen sich nicht davon abbringen lassen, sich einzubringen. Drei Themenschwerpunkte seien ihnen wichtig, sagt Felix Haug: Der Radweg solle über die Geiselbachstraße hinaus in Richtung Rüdern, Sulzgries, Krummenacker und Neckarhalde weitergeführt werden. Beim Jugendtreff T 1 in der Traifelbergstraße 1 im Stadtteil Zollberg ist vorgesehen, wegen einer geplanten Wohnbebauung die Öffnungszeiten einzuschränken und die Pforten bereits um 22 Uhr zu schließen. Nur noch eine begrenzte Anzahl an Veranstaltungen soll über diese Deadline hinaus stattfinden dürfen. Das geht gar nicht, meint Felix Haug. Mit solchen Einschränkungen sei das Aus des Jugendtreffs besiegelt. Hier müsse ein Kompromiss zwischen dem Ruhebedürfnis künftiger Anwohner und den Jugendlichen gefunden werden. Die Errichtung von Schallschutzwänden könne eine Alternative sein.

Keine Alternative gibt es seiner Ansicht nach zu dem günstigen Stadt-Ticket, das zur Entlastung der Stadtfinanzen gestrichen werden soll: „Das wäre ein falsches Signal.“ Wer soll’s bezahlen? „Das müssen nicht wir klären oder entscheiden.“

Politisches Talent hat er. Ob er darauf später zurückgreifen möchte, weiß er noch nicht. Nach dem Abitur macht er von September an erst einmal ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) bei dem Bundestagsabgeordneten Sebastian Schäfer (Grüne). Nach einer Einarbeitungsphase werde er in dem Abgeordnetenbüro wohl das E-Mail-Postfach mitbetreuen, sich um Praktikanten kümmern, unterstützend bei anderen Tätigkeiten mithelfen. Eine Wohnung in Berlin hat er bereits in Aussicht – und die Großstadt schreckt den Esslinger nicht. Er hat bereits vier Monate in Sheboygan, der US-amerikanischen Partnerstadt von Esslingen, verbracht, um seine Englisch-Kenntnisse aufzupolieren. Das war eine wichtige Erfahrung, meint er.

Fan von Polit-Satiren

Seit drei Jahren sitzt Felix Haug im Jugendgemeinderat. Vertreter des damaligen Gremiums, erzählt er, kamen in seine Schule, stellten ihre Arbeit vor und ermunterten zu einer Kandidatur. Schon damals wollte Felix Haug etwas bewegen. Er sei ein großer Fan von Politik-Satiren wie „Die Anstalt“, der „Heute-Show“ oder dem „ZDF-Magazin Royale.“ Bei diesen TV-Formaten und im realen Leben mache man sich gerne über Dinge lustig, die nicht so richtig rund laufen. Das sei leicht, meint er. Etwas zu tun, sei schwieriger. Er setzt daher auf Engagement und Aktivität: „Ich mag es, wenn ich um 21 Uhr nach Hause komme und das Gefühl habe, etwas richtig Sinnvolles gemacht zu haben.“

Die Arbeit im Jugendgemeinderat erschien ihm sinnvoll und geeignet dafür, mögliche Lücken im Tagesfluss zu füllen. Denn das Gremium sei eine Schaltstelle zwischen den Anliegen der Jugend und der Stadt. Daher ließ er sich bei den Neuwahlen im vergangenen Oktober nochmals aufstellen. Zuvor ist er mit seinen Ratskollegen in die Schulen gegangen und hatte dort die Werbetrommel für eine Bewerbung gerührt. Mit Erfolg, wie er meint. Denn es gab 39 Kandidaten für die 20 Sitze. Die bisherige Vorsitzende Helin Cengiz durfte wegen des Erreichens der Altersgrenze nicht mehr antreten. Da bot Felix Haug seine Kandidatur an – und wurde gewählt: „Ich wollte das unbedingt machen.“ Dass er im September nach Berlin gehen würde, wusste er damals noch nicht. Das sei aber kein Problem, meint er. Im Jugendgemeinderat sitzen andere Engagierte, die übernehmen können.

Sport als zweite Leidenschaft

Ob er sein politisches Interesse und Engagement einmal zum Beruf machen möchte, lässt Felix Hauk noch offen. Er will es auch von seinen FSJ-Erfahrungen abhängig machen. Aber ein Chemie-Studium könnte er sich auch vorstellen, sagt er. Oder noch besser Sport – das ist eine weitere große Leidenschaft des jungen Mannes, der Fußball spielt und gerne Rennrad fährt.

Der Esslinger Jugendgemeinderat

Gremium
  Die Mandatsperiode des Jugendgemeinderats läuft nach Angaben von Oliver Appelt von der Stadtverwaltung im Normalfall zwei Jahre. Das vorherige Gremium war drei Jahre im Amt gewesen, da die Wahlen coronabedingt um ein Jahr verschoben wurden.

Mitglieder
 Wahlberechtigt und wählbar sind alle Esslinger Jugendlichen, die am ersten Wahltag 14 Jahre und am letzten Wahltag noch nicht 20 Jahre alt sind. Die Jugendlichen müssen zudem seit mindestens drei Monaten mit Hauptwohnsitz in Esslingen gemeldet sein.

Wahl
 Bei der letzten Jugendgemeinderatswahl im Oktober 2022 lag die Beteiligung bei 30,08 Prozent. Von den 5376 Berechtigten waren 1617 zur Urne gegangen. Die 20 neuen Mitglieder wurden Anfang November von Oberbürgermeister Matthias Klopfer vereidigt.