Im Herbst ist Wahl. Dann wird ein neuer Jugendgemeinderat in Esslingen bestellt. Die bisherige Vorsitzende Lotta Raven zieht eine positive Bilanz ihrer Tätigkeit: Das Gremium könne etwas bewirken. Stadt und Gemeinderat würde die Arbeit unterstützen.
Ihr Nachname wird oft falsch ausgesprochen. Viele verwenden für „Raven“ die gleiche Sprechweise wie für das englische Wort „Rabe“. Dabei gilt die deutsche Aussprache wie im ersten Teil des Städtenamens „Ravensburg“. Ihr Nachname mag zu Missverständnissen führen, doch ihre politischen Positionen macht Lotta Raven unmissverständlich klar. Die 19-jährige Vorsitzende des Esslinger Jugendgemeinderats steht für Engagement in ihrer Heimatstadt, für die Teilhabe von Jugendlichen in kommunalen Angelegenheiten und den politischen Einsatz von jungen Erwachsenen.
Lotta Raven ist herumgekommen in der Welt. Zwei Jahre verbrachte sie aufgrund einer beruflichen Tätigkeit ihres Vaters in der Nähe des australischen Melbourne, und sie hat ein mehrwöchiges Praktikum im südafrikanischen Kruger-Nationalpark absolviert. Nach ihrem Abitur am Theodor-Heuss-Gymnasium im vergangenen Jahr gönnte sie sich eine einjährige Auszeit, die sie auch für das Hineinschnuppern in verschiedene Bereiche nutzte. Ein Praktikum am Klinikum Esslingen bestätigte der jungen Frau, was sie eigentlich schon zuvor gewusst hatte: Medizinische Tätigkeiten nahe am Menschen liegen ihr und machen ihr Spaß. Aus diesen persönlichen Neigungen heraus wird sie im Oktober eine Ausbildung zur Pflegefachkraft am Klinikum Esslingen starten. Danach, meint Lotta Raven, könnte sie sich ein Medizin-Studium vorstellen.
An der Spitze des Gremiums
Doch das ist noch Zukunftsmusik. Bis zu den Neuwahlen des Jugendgemeinderats im Herbst spielt sie in dem Nachwuchsparlament die erste Geige. Als der bisherige Vorsitzende Felix Haug aus beruflichen Gründen aus Esslingen wegzog, wurde die Stelle an der Spitze des Gremiums frei. Neuwahlen waren fällig. Sie trat an und wurde gewählt. Kandidiert hatte sie für den Jugendgemeinderat, weil eine Freundin von ihr dort bereits aktiv gewesen sei. Zudem sei sie politisch interessiert.
Steine werden dem Jugendgemeinderat von Seiten der Verwaltung oder auch den Esslinger Gemeinderäten nicht in den Weg gelegt, versichert Lotta Raven. Im Gegenteil – sie bezeichnet die Zusammenarbeit als förderlich und sehr motivierend. Anträge des Jugendgemeinderats müssten im Stadtparlament behandelt werden, Vertreter des Nachwuchsparlaments hätten automatisch Sitze in den Ausschüssen. Gemeinderäte würden zu den öffentlichen Sitzungen des Jugendgemeinderats kommen, sagt Lotta Raven, und die meisten Volksvertreter würden sich über Anregungen aus den Reihen des Jugendparlaments freuen.
Erfolge des Jugendgemeinderats
Aktiv ist das Gremium in den Monaten seit der vergangenen Wahl im Oktober 2022 auf jeden Fall gewesen. Lotta Raven verweist auf eine von ihm durchgeführte Umfrage unter jungen Erwachsenen zum Bahnhofsvorplatz im letzten Jahr. Ein Ergebnis war, dass sich Jugendliche auf dem Areal rund um den Bahnhof unwohl und unsicher fühlen. Ein Verdienst des Jugendgemeinderats sei es auch, so seine Vorsitzende, dass am Bahnhofsquartier nun zumindest bei den Sanitäranlagen Gleichberechtigung herrscht. Die Nutzung von Pissoirs sei frei gewesen, für die Damentoiletten habe eine Gebühr entrichtet werden müssen. Diesen Umstand habe der Jugendgemeinderat als ungerecht empfunden, und nach Hinweisen aus seinen Reihen wurde die Gebühr in den Damen-WCs gekippt. Auch bei kleineren Missständen kann das Nachwuchsparlament helfen. Schüler hätten sich über den Zustand des Basketball-Platzes am Mörike-Gymnasium beklagt und die Körbe seien daraufhin erneuert worden.
Der Jugendgemeinderat kann also etwas bewirken. Dennoch, so Lotta Raven, sei es schwierig, ihre Altersgenossen für eine Teilhabe an dem Gremium oder das Einreichen von Anfragen zu gewinnen. Auch über die sozialen Medien wie Instagram seien Jugendliche nur schwer zu erreichen. Sie und ihre Ratskollegen sind deswegen in den vergangenen Wochen an alle Schulen gegangen und haben in den Jahrgangsstufen ab der achten Klasse den Jugendgemeinderat und seine Arbeit vorgestellt. Diese Tätigkeit sei sehr zeitintensiv gewesen, erklärt die junge Frau. Doch der Einsatz habe sich gelohnt. Viele Bewerber hätten für die 20 Sitze im Jugendgemeinderat für die Wahl im kommenden Herbst gewonnen werden können.
Erneute Kandidatur
Zu Themen, die in dem neu bestellten Gremium aufgegriffen werden, möchte sich Lotta Raven noch nicht äußern. Das hänge mit der Besetzung, mit der Ausrichtung der frisch Gewählten und der kommunalpolitischen Situation nach der Aufnahme der Arbeit ab. Ob sie weiterhin als Vorsitzende zur Verfügung steht, wird sich weisen. Doch aufstellen lässt sie sich für die Neuwahl auf jeden Fall. Sie habe durch das politische Engagement viel gelernt.
Der Jugendgemeinderat Esslingen
Gremium
Im aktuellen Jugendgemeinderat sitzen 20 Jugendliche im Alter zwischen 14 und 19 Jahren. Sie setzen sich für andere junge Menschen ein und wollen das Geschehen in ihrer Heimatstadt mitgestalten.
Wahlberechtigte
Wählbar sind alle 14- bis 19-Jährigen, die ihren Hauptwohnsitz seit mindestens drei Monaten in Esslingen haben. Der Ort des Schulbesuchs spielt keine Rolle. Die gleiche Personengruppe ist auch wahlberechtigt. Pro Kandidat kann eine Stimme vergeben werden. Es müssen mindestens sieben und höchstens 20 Bewerber angekreuzt werden. Die Amtszeit im Jugendgemeinderat beträgt zwei Jahre.