Ursula Poznanski liefert Höchstspannung fast ohne Blutvergießen. Unsere Bildergalerie stellt ihre Jugendbücher vor. Foto: Jeff Mangione/Loewe-Verlag

Für ihr Debüt „Erebos“ erhielt Ursula Poznanski 2011 den Deutschen Jugendliteraturpreis. Seither spricht die österreichische Autorin aktuelle Themen an, die nicht nur junge Menschen beschäftigten – auch in ihrem jüngsten Thriller „Cryptos“.

Stuttgart - Dass ein Buch bei Jungs Gesprächsthema ist, kommt selten vor. Jede vom Leseverhalten des eigenen Nachwuchses frustrierte Mutter spitzt da die Ohren. Die zwei etwa 16-jährigen, im Sessellift Belauschten konnten sich sogar auf eine Lieblingsautorin einigen. „Ursula Poznanski, von der ist einfach alles gut“, sagt der eine. Der andere stimmt zu und ergänzt: „Am besten hat mir bisher ,Erebos‘ gefallen.“

Die Szene liegt zwar einige Winter zurück. Sicherlich sehr zur Freude der beiden Poznanski-Fans hat die österreichische Autorin inzwischen ihrem Hit „Erebos“ eine nicht weniger erfolgreiche Fortsetzung hinterhergeschickt. Und nicht nur das: Auch den anderen Jugendbüchern, die sie im Jahresrhythmus und im Wechsel mit Büchern für Erwachsene veröffentlicht, gelingt regelmäßig der Sprung in die Bestsellerlisten – wie jüngst ihrem aktuellen Thriller „Cryptos“.

Gut durchmischtes Lesepublikum

Eigentlich sollte die in Wien lebende Autorin gerade auf Lesereise sein. Stationen in Deutschland waren wie immer nach Erscheinen eines neuen Werks ebenfalls geplant. Doch die Corona-Pandemie hat auch Ursula Poznanskis Reise-Radius eingeschränkt. Derzeit, erzählt die 51-Jährige am Telefon, sei sie nur innerhalb Österreichs unterwegs.

Wer vermutet, dass ihre mit technischen Zugaben wie intelligenten Hightech-Drohnen und raffinierten Computerspielen ausgestatteten Helden vor allem männliche Leser ansprechen, täuscht sich. „Das Publikum bei meinen Lesungen ist sehr durchmischt“, sagt Ursula Poznansik. „Es sind viele Jungs dabei, aber den Löwenanteil bilden trotzdem immer die Mädchen.“

Flucht in virtuelle Welten

Besonders freut sich die Autorin über den relativ großen Anteil an erwachsenen Lesern. Ohne ein alle Altersgruppen umfassendes Publikum würden es ihre Bücher nicht in die Bestsellerlisten schaffen. „Die jungen Erwachsenen suchen etwas Spannendes, möchten es aber nicht so blutig“, vermutet Ursula Poznanski.

In „Cryptos“ etwa wird nur virtuell gestorben. Das jüngste Werk der Jugendbuchautorin spielt in einer nicht allzu fernen Zukunft: Vor einer von Natur- und anderen Katastrophen geprägten Realität fliehen die Menschen mithilfe von VR-Ganzkörper-Kapseln und Sensoranzügen in virtuelle Welten. Jana, Poznanskis junge Ich-Erzählerin, ist fürs Design einiger dieser virtuellen Kosmen verantwortlich und erklärt am Anfang von „Cryptos“, wie sie funktionieren: „Stirbt man, verliert man nicht sein Leben, sondern wird nur zurück in die Kapsel gespuckt. Meistens ist man dann eine Zeit lang für die Welt gesperrt, in der man gerade das Zeitliche gesegnet hat. Ärgerlich, aber kein Drama.“

Liebe ist für junge Leser ein wichtiges Thema

Für Drama ist dennoch gesorgt. Poznanski spricht in ihrem Thriller die Themen an, die Klimaaktivisten derzeit beschäftigen. Die Erde ist ein unwirtlicher, überhitzter Ort, ihre Küsten sind von Überschwemmungen bedroht. Jana gerät auf einem turbulenten Sprint durch virtuelle Welten zwischen die Fronten einer Masterminds-Elite und ihrer jungen Gegner; beide Seiten haben von der Rettung der Welt ziemlich unterschiedliche Vorstellungen.

Eine Erzählerin, eine Liebesgeschichte am Rande – sind das Zugeständnisse an ihre weibliche Leserschaft? „Ich mache, was mir gefällt“, betont Ursula Poznanski. „Bei einem kreativen Prozess auf Reaktionen zu schielen ist immer ein Verhängnis. Und die Liebesgeschichten spielen sich in meinen Büchern im Hintergrund ab.“ Dass sie unbedingt da sein müssen, hat für die Autorin mit dem Alter ihrer Protagonisten zu tun, meist irgendwo zwischen 17 und 20 Jahren. „Wenn sich Menschen in diesem Alter begegnen“, findet Poznanski, „ist die Liebe ein wichtiges Thema.“

Eliten entscheiden über Leben und Tod

Computerspiele, die wie in „Erebos“ Menschen abhängig machen und manipulieren, Eliten, die über Leben und Tod entscheiden: Die brisanten Themen kämen ganz unspektakulär zu ihr, sagt die Autorin. Ein Vortrag, ein Gespräch, „ich stolpere über etwas, das dann Blüten in meinem Kopf treibt“. Die komplexe technische Welt, die ihre Protagonisten umgibt, denkt sie aus der Gegenwart weiter und erfindet Techniken, die es so noch gar nicht gibt. Dabei reichen der Autorin, die einst als Redakteurin eines medizinischen Verlags ins Berufsleben einstieg, Basisinformationen, wie sie jeder recherchieren kann. Der Rest ist Fantasie, der die Gegenwart zu einer Vorstufe ihrer erzählten Welten macht. „Es gibt lustigerweise Dinge, die mich einholen“, sagt Poznanski und nennt das Salvatorband, das die Protagonisten ihrer Eleria-Trilogie tragen. Schon vor der Zeit der Fitnesstracker informierte es über Körperfunktionen und wichtige Nachrichten.

Katastrophen, die uns bekannt vorkommen

„Technischer Fortschritt ist immer ein zweischneidiges Schwert“, sagt Ursula Poznanski mit kritischem Blick auf unsere Zeit. Auf der einen Seite sieht sie medizinische Entwicklungen und einen verbesserten Umweltschutz. „Doch wenn ich auf den Datenschutz blicke, macht mir Sorge, dass wir immer transparenter werden“, sagt die Autorin. Als das beherrschende Thema der Vor-Corona-Zeit hat der Klimawandel nun den Weg in eine der dystopischen Welten Poznanskis gefunden. „Wie die Überbevölkerung ist das ein Problem, mit dem wir umgehen müssen und Lösungen finden, die allen gerecht werden“, mahnt die Autorin. Die Katastrophen, die zum „Cryptos“-Alltag gehören, kommen uns bekannt vor – Sturmfluten, das untergegangene Venedig, die verschwundenen Fidschi-Inseln. Man darf also gespannt sein, was Ursula Poznanski zu ihrem nächsten Jugendbuch-Thriller inspiriert. Sicher ist: Das Coronavirus wird es nicht sein. „Ich glaube nicht, dass jemand Lust hat, noch mehr über Seuchen zu lernen“, sagt sie.

Schreiben am Puls der Zeit

Leben:
Geboren und aufgewachsen ist Ursula Poznanski in Wien. Dort habe sie sich „quer durch das Angebot der Universität studiert, habe es mit Japanologie, Publizistik, Rechtswissenschaften und Theaterwissenschaften versucht und dann die Hoffnung auf einen Abschluss begraben“, sagt die Autorin. Spannender als den Hörsaal fand sie ihren Nebenjob als Statistin auf der Bühne der Wiener Staatsoper.

Karriere
: Weil das Schreiben ihr Ding war, startete Ursula Poznanski 1996 als Medizinjournalistin ins Berufsleben. Nach der Geburt ihres Sohns begann sie, nebenbei Kinderbücher zu schreiben.

Werk:
2003 veröffentlichet sie mit dem „Buchstabendschungel“ ihr erstes Kinderbuch. Mit dem Erfolg von „Erebos“, 2011 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet, war das Bücherschreiben kein Nebenjob mehr. In Thrillern wie „Elanus“ und „Thalamus“ greift sie brisante Themen wie Überwachung und Hirnforschung auf. 2012 erschien mit „Fünf“ ihr erster Thriller für Erwachsene.

Buch: Ursula Poznanski: Cryptos. Loewe-Verlag. 448 Seiten. 19,95 Euro. Ab 14 (ak)