Bevor das Haus in der Reichenbacher Seidenstraße wieder geöffnet wird, braucht es neues Personal, aber vor allem ein neues Konzept.
Seit Anfang der Sommerferien sind die Türen des Reichenbacher Jugendhauses S11 geschlossen. Für die Jugendlichen, die hier regelmäßig aus und ein gingen, ist damit ihr Treffpunkt verloren gegangen. Aber Gemeinderat und Gemeindeverwaltung stehen offenbar hinter diesem Schritt – schon seit Jahren war bei ihnen immer wieder Unzufriedenheit mit der offenen Jugendarbeit im Ort angeklungen, sei es in Äußerungen im Gemeinderat oder in Anträgen der Fraktionen.
Im und ums Haus herum soll es wild zugegangen sein
Bürgermeister Bernhard Richter benennt geradeheraus, was aus seiner Sicht das Problem war: Es habe an einem sozialpädagogischen Konzept gefehlt, stattdessen habe eine Laissez-faire-Haltung gegenüber den Jugendlichen vorgeherrscht. Im und ums Haus sei es „wild“ zugegangen, das hätten auch Ratsmitglieder beobachtet. Daraus habe der „permanente Ärger mit den Nachbarn“ resultiert, vor allem aber habe man in den vergangenen Jahren in den Sommerferien massive Sachbeschädigungen auf dem angrenzenden Schulgelände zu verzeichnen gehabt, und die bisherige Jugendhausleiterin habe nicht ausreichend auf die Jugendlichen eingewirkt.
Das lässt Ralph Rieck, der Geschäftsführer des Kreisjugendrings, in dessen Trägerschaft das Jugendhaus ist, allerdings nicht so stehen. Die Leiterin habe „sehr intensiv mit ihren Besucherinnen und Besuchern gesprochen“ und glaubhaft versichert, dass zumindest die Stammbesucher nicht beteiligt waren am Vandalismus. Dass dieses Jahr, bei geschlossenem Jugendhaus, zum ersten Mal nichts zerstört wurde, könne auch andere Ursachen haben. Den verregneten Sommer zum Beispiel. Jedenfalls will Ralph Rieck keine Kausalzusammenhänge in den Raum stellen, die nicht bewiesen sind. Man wisse auch nicht, ob tatsächlich Jugendliche aus Ebersbach die Übeltäter waren, wie es teilweise im Ort hieß.
Fakt ist: Die bisherige Leiterin arbeitet nicht mehr beim Kreisjugendring und das Haus bleibt so lange geschlossen, bis neues Personal und vor allem ein neues Konzept gefunden sind. Das werde nun entwickelt, wobei Jugendliche ebenso einbezogen werden sollen wie Gemeindevertreter oder -vertreterinnen. Eventuell könne man Studierende für eine Sozialraumanalyse gewinnen, meint Rieck. In Zukunft müsse auf jeden Fall die Kommunikation zu Gemeinderat und Verwaltung besser werden. Das Jugendhaus könnte auch enger mit Schulsozialarbeit und Gesamtschule verzahnt werden, wie es in vielen anderen Gemeinden schon der Fall ist. Diese Angebote laufen auch aus Sicht der Gemeinde sehr gut.
Ein Jugendtreff wird vermisst und gewünscht
Dass das Reichenbacher S11 bisher als Jugendtreff „sehr klassisch unterwegs war“, räumt Rieck ein. Es müsse aber auch in Ordnung sein, dass Jugendliche in einem Jugendtreff einfach mal „abhängen“. Nur, wo können sie das derzeit tun? Richter sagt, bei der Gemeinde seien keinerlei Beschwerden nach der Schließung des Jugendhauses eingegangen, und auch der KJR hat laut Rieck zumindest keine „massiven“ Rückmeldungen bekommen. Aber ein Jugendtreff werde schon vermisst und gewünscht, sagt er. Treffpunkte im Freien, möglichst überdacht, waren auch bei der Jugendbeteiligung der Gemeinde Reichenbach im vergangenen Jahr ein ganz großes Thema.
Derzeit bietet noch „Die Halle“ Möglichkeiten. Und Vieles laufe in den Vereinen, betont Bernhard Richter, „die machen die beste Jugendarbeit“. Einig ist er sich mit Ralph Rieck, dass ein schlüssiges Konzept wichtiger ist als die schnelle Wiederöffnung des Jugendhauses. „Ob wir im Frühjahr so weit sind – das wäre das Ziel – kann ich noch nicht sagen“, so der Geschäftsführer des KJR.