Im Herbst soll das neue Jugendhaus in der Kelterstraße, früher als Vereinsheim der Kleintierzüchter bekannt, fertig werden. Foto: Hans-Dieter Wolz

Die Sozialarbeiter der Mobilen Jugendarbeit in Kernen haben eine Umfrage unter jungen Leuten gemacht. Die Antworten zeigen: Die Jugend will ständig erreichbar sein. Es gibt aber auch kritische Stimmen.

Kernen - Was die Jugendlichen bewegt, bekommen die drei Sozialarbeiter der Mobilen Jugendarbeit recht gut mit: Fortlaufend sind die jungen Leute an Smartphone und Tablet erreichbar. Was dies für das Leben bedeutet, erfuhren Kristina Bredow, Valerie Paulus und Mark Gutwinski bei einer kleinen Umfrage per Whatsapp: Ist das Handy einmal nicht zur Hand, „ist so, als ob man was verpassen würde“, zitierten die drei kürzlich eine Antwort in einer Präsentation für Gemeinderäte im Verwaltungsausschuss. So empfindet es auch eine weitere Stimme: „Ohne Handy ist man heutzutage im Nachteil, man ist nicht zu erreichen und kann niemand erreichen, und ohne Handy verpasst man vieles. Ohne Handy ist es langweilig.“

Zusagen und Absprachen werden per Handy kurzfristig verändert

Die Kehrseite dieser Verliebtheit in die ständige Erreichbarkeit nehmen die jungen Leute oft gar nicht so sehr wahr – den „Mobilen“ aus dem Jugendreferat der Gemeinde Kernen fällt es aber durchaus auf: Die ständige Erreichbarkeit führt auch dazu, dass Zusagen und Absprachen kurzfristig verändert werden können. Wer nicht sofort auf eine Nachricht antwortet, muss mit einer beleidigten Reaktion rechnen. Ein älterer Jugendlicher vergleicht die Situation von früher: „Wir verabredeten uns in der Schule. Es wurde eine Zeit ausgemacht, und man konnte sich darauf verlassen. Es ist zwar super, sich heute mit dem Handy spontaner zu verabreden, aber auch nachteilig, dass es ständig Änderungen gibt, die man sich kurzfristig mitteilt.“ Eine hohe Flexibilität erwarten die jungen Menschen von den Gleichaltrigen: „Das ist ein Thema, das nicht nur Jugendliche, sondern auch Erwachsene betrifft“, sagt Valerie Paulus. „Die Frage ist, ob man sich dem unterwirft.“

Mehr Betreuungszeit fließt ins neue Jugendhaus

Die Sozialarbeiter des Mobilen Jugendreferats in Kernen müssen in der nächsten Zeit auch Flexibilität zeigen und ihre Arbeit neu einteilen. Im Herbst soll das neue Jugendhaus in der Kelterstraße, früher als Vereinsheim der Kleintierzüchter bekannt, fertig werden und wird durch längere Öffnungszeiten als das bisherige Milchhäusle in der Hauptstraße an der Ecke Seestraße ihre Arbeitskraft in Anspruch nehmen. Da kommt es dem Mobilen Jugendreferat, der Verwaltung der Jugendarbeit im Rathaus, entgegen, dass die Karl-Mauch-Schule vom nächsten Schuljahr an keine Haupt- oder Werkrealschulklassen mehr unterrichtet, sondern zur reinen Grundschule wird. Die Sprechstunden, die Kristina Bredow als Schulsozialarbeit bisher in der Karl-Mauch-Schule abgehalten hat, und die Besuche in der großen Pause werden dann wohl deutlich weniger, wenn sie überhaupt noch stattfinden müssen. So wird Zeit frei für die Jugendhausarbeit. Sie muss voraussichtlich nicht beim Streetwork, bei der aufsuchenden Jugendarbeit, eingespart werden.

Einzelfallberatung wird wichtiger und häufiger in Anspruch genommen

193 junge Menschen waren im vergangenen Jahr in der Einzelberatung bei den „Mobilen“ Kristina Bredow, Valerie Paulus und Mark Gutwinski. Im Vorjahr hatten sich erst 151 Jugendliche mit Problemen an die erwachsenen Berater gewandt. Probleme hatten sie sich eingehandelt mit dem Elternhaus, dem Lehrherrn, der Schule oder mit Freunden und Partnern. Individuell werden junge Leute auch begleitet bei der Wohnungssuche oder der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Das Schwergewicht der Arbeit liegt bei den 14- bis 17-Jährigen. Mädchen sind in der Minderzahl.

Weiterhin steht das Mobile Jugendreferat auf diesen drei Säulen: Im Streetwork suchen die Sozialarbeiter die Jugendlichen an ihren Treffpunkten auf, gewinnen Kontakt und bieten ihre Beratungen und Hilfeleistungen an. Im Jugendzentrum, wie im „Container“ in der Frauenländerstraße in Stetten oder bisher im Milchhäusle in Rommelshausen gibt es offene Besuchsstunden genauso wie Gruppenarbeit in Mädchengruppen, gemeinsames Kochen für Jungs und Mädchen und anderes. Und die Schulsozialarbeit wird künftig noch in der Rumold-Realschule dringend gebraucht und weiterhin stattfinden. Auch Freizeiten gehören zum Programm. Mobile Jugendarbeit gibt es in Kernen seit 1993.

Neues Jugendhaus zeigt Baufortschritt

Es geht voran in der Kelterstraße 92, beim Umbau des ehemaligen Vereinsheims der Kleintierzüchter in ein Jugendhaus. Wenn alles klappt, öffnet das sanierte Gebäude im Herbst seine Türen. Rund 385 000 Euro kostet die Sanierung.

Das Dach ist bereits hergerichtet

Bereits im Sommer 2015 wurde das Dach gerichtet. Neue Iso-Paneele wurden aufgebracht und mit einer Fotovoltaikanlage versehen, bei deren Bau Kernener Jugendliche und Elektriker-Azubis aus der ungarischen Partnergemeinde Dombóvár tatkräftig mithalfen.

Im Gemeinschaftsraum wird noch ein Büro für die Mitarbeiter eingebaut

Rund 125 Quadratmeter wird der große Gemeinschafts- und Partyraum später umfassen. Die Glasbausteinfüllungen in der Fassade sind bereits entfernt, ebenso wie die alte Flurwand. Auch die maroden Holzfenster verschwinden bald. Rundum werden neue Kunststoff-Fenster und Aluminium-Türen eingesetzt. Für die Mitarbeiter des Mobilen Jugendreferats wird nahe des Eingangs noch ein 20 Quadratmeter großes Büro im Trockenbau entstehen.

Sanitäranlagen sind in den Keller verbannt worden

Da öffentliche Gebäude im Sanierungsfall barrierefrei umgebaut werden müssen und eine größere Anzahl an Toiletten nötig ist, konnten die Sanitärräume nicht im Erdgeschoss bleiben. Sie werden in ein Behinderten-WC inklusive einer Dusche umgebaut. Die weiteren Sanitäranlagen rücken ins Untergeschoss. Die alte, verwinkelte Kellertreppe wurde entfernt. Eine neue Massivbautreppe ist bereits eingebaut.

Die Haustechnik wird erneuert

Die Heizungsanlage und -verteilung, die Elektroinstallationen, die Einzellüftung der Toiletten sowie die Hebeanlage für das Abwasser werden erneuert. Die Baumaßnahmen umfassen damit nur das Notwendigste. Die Bodenbeläge, ein Teil der Decken sowie die Küche und der anschließende Essbereich bleiben nahezu unverändert erhalten.