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Jugendrichter Wolfgang Vögele hat die Unterbringung eines 15-jährigen Vergewaltigers bei einer italienischen Familie gerechtfertigt.

Stuttgart - Jugendrichter Wolfgang Vögele hat die Unterbringung eines 15-jährigen Vergewaltigers bei einer italienischen Familie gerechtfertigt. „Eine intensive sozialpädagogische Einzelmaßnahme wäre in der Nähe seiner Familie nicht möglich gewesen, er hätte wieder versucht auszubüxen und nach Hause zu kommen“, sagte Vögele unserer Zeitung. Der Jugendliche hatte im vergangenen Jahr ein elfjähriges Mädchen vergewaltigt und wird mindestens zwei Jahre in der Obhut einer italienischen Familie auf einem Gehöft in Umbrien verbringen.

Therapie in Italien - eine sinnvolle Maßnahme?

Was nach Urlaub und Belohnung klingt, ist eine sozialtherapeutische Maßnahme, die von den Behörden für unumgänglich gehalten wird. Die 4. Strafkammer des Landgerichts hatte diese Maßnahme in Absprache mit dem Stuttgarter Jugendamt am Montag verfügt. Dem Auslandsaufenthalt soll sich die Reintegration in geregelte Lebensverhältnisse in Deutschland anschließen.

Für die Kosten kommt das Stuttgarter Jugendamt auf. "Die Regel ist ein Tagessatz von rund 250 Euro, der sich nicht von den Kosten einer Betreuung im Inland unterscheidet", sagt Jugendhilfeplanerin Regina Quapp-Politz. Für den Jugendlichen hätte es als Alternative nur die Psychiatrie oder eine geschlossene Einrichtung gegeben - und beides wäre teurer geworden.

Auch Jeremias Wiedemann, Vorstand des Vereins, der die Maßnahme in Italien anbietet, hält diese Alternativen für ungeeignet: "Die Psychiatrie ist nicht auf Jugendliche eingestellt, und in einem Heim wird der Junge nicht zu einem gemeinschaftsfähigen Menschen", sagt er. Der 15-Jährige erhält in Italien Privatunterricht und kann in Kooperationsschulen Prüfungen ablegen.