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Die Alkoholexzesse unter Jugendlichen reißen nicht ab: Die jüngsten Fälle im Rems-Murr-Kreis, bei denen 15- und 16-Jährige in der Klinik landeten, sind nur die Spitze eines Eisbergs.

Waiblingen/Stuttgart - Die Alkoholexzesse unter Jugendlichen reißen nicht ab: Die jüngsten Fälle im Rems-Murr-Kreis, bei denen 15- und 16-Jährige in der Klinik landeten, sind nur die Spitze eines Eisbergs. Die Waiblinger Polizei ist überrascht über eine Flut von Mahnbriefen an die Eltern.

In Eiseskälte wird offenbar umso heftiger vorgeglüht. Einen 16-Jährigen in Backnang hätte das leicht das Leben kosten können. Passanten fanden ihn am Wochenende eine Stunde vor Mitternacht auf einem schneebedeckten Gehweg. Hilflos betrunken, unterkühlt. Eine Polizeistreife nahm den Jugendlichen mit ins Revier. Der Betrunkene übergab sich im Streifenwagen, dann noch auf dem Weg in eine Ausnüchterungszelle. Die Eltern durften ihn später abholen.

Am eiskalten Wochenende ging es so schlimm zu wie schon lange nicht mehr. Gerade im Rems-Murr-Kreis: In Kirchberg, Winnenden und Waiblingen landeten vier Jugendliche im Alter von 15 und 16 Jahren auf der Intensivstation. Im gleichen Alter waren auch zwei Jugendliche, die im Stuttgarter Olgahospital mit einer Alkoholvergiftung behandelt werden mussten.

Der Trend ist eindeutig: Laut AOK Baden-Württemberg dürfte die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Alkoholvergiftungen auch 2009 steigen. Im ersten Halbjahr gab es landesweit 984 Betroffene, die Behandlungskosten betrugen 57.0000 Euro.

Im Rems-Murr-Kreis versucht die Polizei gegenzusteuern, indem die Eltern der betrunkenen Jugendlichen von der Kommune einen sogenannten blauen Brief erhalten. Die Mahnbrief-Aktion ist vor einem halben Jahr in Waiblingen und Fellbach gestartet, weitere Kommunen haben in den vergangenen Wochen nachgezogen. Doch schon jetzt gibt es knapp 80 Fälle. "Das sind überraschend viele", sagt Waiblingens Polizeisprecher Klaus Hinderer.

Alarm auch bei der Stuttgarter Polizei. Kontrollaktionen sind immer noch am Berliner Platz erforderlich. "Das ist nach wie vor ein Brennpunkt", sagt der Stuttgarter Polizeisprecher Jens Lauer. Ein Wechsel bei den Discobetreibern habe daran nichts Wesentliches geändert. Trotz arktischer Temperaturen wurden am Wochenende 56 junge Leute im Freien angetroffen. Die Polizei stellte bei ihrer Schwerpunktaktion sechs betrunkene Jugendliche fest, erteilte 31 Platzverweise. Vor einem Monat lagen bei laueren Temperaturen 150 junge Leute auf der Wiese, dabei wurden sieben betrunkene Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren entdeckt.

Wie sich das vom Land geplante nächtliche Alkoholverkaufsverbot in diesem Bereich auswirkt, ist offen. Die Tankstellen-Betreiber jedenfalls beklagen schon jetzt, dass "ein pauschales Verbot nutzlos" sei. "Das wird 1500 Arbeitsplätze kosten", klagt Harry Brambach, Präsident des Verbandes des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg. Dabei hätten statistisch nur zwei Prozent der jungen Leute ein problematisches Trinkverhalten.