Bereits im September gab es eine Demonstration zum Erhalt der Mobilen Jugendarbeit in Ludwigsburg. Foto: Max Seidel/Anna-Sophie Kächele

Obwohl die Stadt die Mobile Jugendarbeit in Ludwigsburg fortsetzen wird, sind neue Proteste angekündigt. Das sorgt für Verwirrung und Unverständnis.

Es sind drastische Worte: „Wenn ihr die MJA zumacht, nehmen wir uns die Straße“, kündigt die Initiative „MJA unkürzbar“ auf ihrem Instagram-Account an. Dabei wird es die Mobile Jugendarbeit in Ludwigsburg weiterhin geben – nur verändert sich ihre Form. Seit Mittwochabend steht fest, dass die MJA enger mit dem Projekt Connect Ludwigsburg verwoben wird, das sich bisher vor allem an junge geflüchtete Menschen richtet. „Wir versuchen damit, personelle Kapazitäten und Aufgabenfelder zu verbinden“, erklärt Nico Blum, der Leiter der Abteilung Jugend bei der Stadt.

 

Abreißen wird der Protest von Jugendlichen und linker Szene vorerst wohl trotzdem nicht. Denn obwohl klar ist, dass die Entscheidung gefallen ist, wollen sie die Gelegenheit nutzen, ihren Unmut über die Sparpolitik der Stadt laut zu machen.

Die MJA so weiterzuführen, wie es der Landkreis gemacht hat, kann sich die Stadt Ludwigsburg nicht leisten. Der Kreis hat die Mobile Jugendarbeit mit dreieinhalb Vollzeitstellen betrieben und für die Arbeit jährlich 250.000 Euro bereitgestellt. Bei der Stadt werden es noch zwei volle Stellen sein. Mehr ist finanziell nicht drin, das hat die Verwaltung längst klargemacht.

Hier setzt die Kritik von „MJA unkürzbar“ an. „Dass anderthalb Stellen wegfallen, wird auf jeden Fall einen Unterschied machen“, sagt Mika Schaaf, der Sprecher der Initiative. Die Befürchtung: Das Vertrauen der Jugendlichen in die MJA könnte verloren gehen, wenn dort nicht mehr die Sozialarbeiter arbeiten, die es derzeit tun. „Das ist ein Problem“, ist sich auch Ludwigsburgs Erste Bürgermeisterin Renate Schmetz bewusst.

Stadt muss neues Vertrauen aufbauen

Nur können die weiterhin beim Kreis angestellten MJA-Sozialarbeiter nicht einfach zur Stadt wechseln – denn die Verwaltung baut aktuell Stellen ab. Stattdessen sollen bereits angestellte Sozialarbeiter der Stadt die MJA übernehmen. „Wir müssen neues Vertrauen aufbauen“, sagt Schmetz. Abteilungsleiter Blum fügt hinzu: „Zu vielen Jugendlichen in der MJA gibt es schon Kontakte.“

Sorge bereitet der Initiative auch, dass die mobile Jugendarbeit im neuen Konzept näher an die Stadt herangezogen wird, während sie unter Trägerschaft des Kreises recht autonom agierte. So wird die neue MJA enger mit der Polizei zusammenarbeiten, von der sich viele Jugendliche kriminalisiert fühlen, wie sie unserer Zeitung erzählt haben. „Das wird zu einem Vertrauensbruch führen“, fürchtet Mika Schaaf. Auch das weiß Renate Schmetz, sie sagt deshalb: „Im Fokus der MJA müssen weiterhin die Jugendlichen stehen, nicht die Zusammenarbeit mit den Behörden.“

Hinzu kommt, dass die MJA neue Räumlichkeiten beziehen wird. Sie kommt in der „Villa BarRock“ in der Pflugfelder Straße unter, wo auch Connect zuhause ist. Auch das sei ein Problem, sagt Schaaf. „Viele Jugendliche identifizieren sich stark mit dem jetzigen Haus in der Karlstraße“, sagt Mika Schaaf. „Sie kommen dort in der Mittagspause vorbei oder direkt nach der Schule. Der Weg zu Connect hinter dem Bahnhof ist viel weiter.“

Bislang sitzt die Mobile Jugendarbeit Ludwigsburg in der Karlstraße 12. Foto: Simon Granville

Ihre Kritik hat die Initiative schon öfter geäußert, vor allem die Form des Protests stößt bei Stadt und Gemeinderat auf wenig Verständnis. So sei es doch der Kreis gewesen, der die MJA aufgegeben hatte, nicht die Stadt. „Die Proteste hätte es beim Landkreis geben müssen“, sagt SPD-Stadtrat Markus Gekeler. Renate Schmetz pflichtet bei: „Die Zielrichtung war von Anfang an falsch. Da stellt sich schon die Frage, worum es bei dem Protest wirklich ging.“

Mika Schaaf kann das grundsätzlich verstehen, hat aber eine Erklärung parat. Ein Protest gegen den Kreis sei ursprünglich geplant gewesen, allerdings sei dort die Entscheidung schon gefallen gewesen. „Wir wollten nichts kritisieren, was schon passiert ist, sondern den Fokus nach vorne richten.“

Die Zukunft der MJA bei der Stadt ist seit Mittwochabend ebenfalls entschieden. Warum kündigt die Initiative trotzdem weitere Proteste an? „Wir spüren, dass sich bei den Jugendlichen Wut und Frust breitmachen“, sagt Schaaf. „Mit der Demo wollen wir ein Ventil schaffen. Sie sollen ihre Stimme erheben und zeigen können, dass sie mit der Entscheidung unzufrieden sind.“

Ändern lassen wird sich wohl nichts mehr, denn die Stadt konzentriert sich nun darauf, einen reibungslosen Übergang zu schaffen. Schließlich übernimmt sie die mobile Jugendarbeit bereits in zweieinhalb Monaten. Noch in dieser Woche sollen deshalb die Gespräche mit dem Jugendamt beginnen. „Wir wollen eine Brücke von der Karlstraße zur Pflugfelder Straße bauen“, sagt Renate Schmetz. Und es solle auch direkte Gespräche mit den Jugendlichen und den Sozialarbeitern geben, die in der bisherigen MJA aktiv sind.

„Es ist für mich schwer vorstellbar, dass die neue mobile Jugendarbeit eine gleichwertige Alternative darstellt“, sagt Mika Schaaf. „Aber natürlich würde ich mir wünschen, dass das Angebot angenommen wird.“