Jürgen Hofer saß unter anderem 30 Jahre lang im Kreistag. Foto: Stoppel

Seit Anfang der 1970er-Jahre hat Jürgen Hofer knapp fünf Jahrzehnte Kreispolitik im Rems-Murr-Kreis hautnah mitbekommen. Bei der Wahl zum Kreistag am kommenden Wochenende kandidiert er nicht mehr.

Weinstadt - Das waren die Zeiten des Aufbaus – die Bürger haben gesehen, was neu entsteht", sagt Jürgen Hofer über jene Zeit vor fast 50 Jahren, als er erstmals in Kontakt mit der Kreispolitik gekommen ist. Als junger Assessor damals, unter dem Landrat des Altkreises Waiblingen, Werner Bertheau. Die Kreisreform war noch Zukunftsmusik als sich der junge Jurist Hofer, Jahrgang 1941, nach dem Studium in Münster, Hamburg und Berlin auf sein abschließendes Examen vorbereitete. Mit Kreispolitik habe er allerdings wenig am Hut gehabt damals. Der Berufswunsch des späteren Weinstädter Oberbürgermeisters und FDP-Landtagsabgeordneten: Auswärtiger Dienst.

Im Staatsdienst ist er dann anno 1973 wieder in Waiblingen gelandet – als Landesbeamter unter dem alten Schulkameraden aus Esslinger Zeiten, Horst Lässing. Das hat gepasst. Hofer wurde Lässings Öffentlichkeitsarbeiter. Landrat CDU, Pressesprecher SPD – „das war bei uns kein Problem“. Aus dem Landratsamt ist Hofer dann als frischgewählter Weinstädter Bürgermeister geschieden. Harry Reitmeier – früherer Stuttgarter Zeitungsredakteur – habe ihn darauf gebracht mit der Ankündigung: „Die wollen keinen aus dem Ort, die wählen einen von außen.“

Hofer war Kommunal-, Kreis- und Landespolitiker

25 Jahre war Hofer Bürgermeister und von 1979 an Oberbürgermeister. Ein deutlich dankbareres Geschäft sei das damals gewesen, als es die heutigen Kollegen haben, meint der 78-jährige Kommunal-, Kreis-, Regional- und Landespolitiker.

„Wir hatten die Chance, Neues zu schaffen, Strukturen aufzubauen und etwas zu gestalten.“ Heute – und auch schon für seine Nachfolger im Amt als Weinstädter OB beschränke sich das kommunale Verwalten primär auf den Erhalt und qualitative Verbesserungen.

Im Kreistag, für den er bei der Wahl am kommenden Wochenende nicht mehr kandidiert, hat Hofer von 1989 an gesessen. Auch da habe er es einfacher gehabt als so mancher Kollege in den heutigen Tagen. Ihm habe man die ersten 15 Jahre die Gelegenheit gegeben, ausschließlich Schultes zu sein, wofür er dankbar gewesen sei. Neben dem Kreistagsmandat kamen dann später aber doch auch noch zehn Jahre als FDP-Landtagsabgeordneter dazu und mehrere Wahlperioden im Regionalparlament, wo er lange Jahre auch Vorsitzender der FDP-Fraktion war.

Müllentsorgung war sein Bereich

Im Kreistag wiederum war von Beginn an die Müllentsorgung sein Bereich. „Das war die Zeit des Müllnotstandes“ – mit Hofer mitten in den Debatten um Thermoselect-Anlage, Kompostierungsfragen und Abfallwirtschaftsgesellschaft. „Meine Frau hat mich als Müllpapst bezeichnet.“ Mit der Kooperation mit dem Müllverbrennungswerk in Münster habe Landrat Lässing „zum Glück die Kurve gekriegt“.

Ebenso wie dessen Nachfolger Johannes Fuchs beim zweiten kreispolitischen Hauptproblem der vergangenen drei Jahrzehnte mit der konsequenten Verfolgung des Ziels eine Klinikneubaus. Seine eigenen Fraktion habe damals stark mit einer Privatisierung geliebäugelt. Hofer, der vor gut zwölf Jahren bei der mit einer Stimme Mehrheit gefallenen Entscheidung für den Neubau in Winnenden einer der wenigen Befürworter in seiner FDP-Fraktion war, meint zu den Privatisierungsüberlegungen: „Manchmal ist man froh, dass sich die eigene Meinung nicht durchgesetzt hat.“

Aus seiner Sicht habe der Kreis eigentlich immer die passende Figur an der Spitze gehabt. Zunächst – im Altkreis Waiblingen – den honorigen Werner Bertheau. Dann in der Phase der Umbrüche und Veränderung mit der Kreisreform den Macher Horst Lässing mit seiner „robusten Art gegenüber sich selbst und anderen“. Danach sei der langjährige Urbacher Bürgermeister Johannes Fuchs in der Zeit gekommen, „als man bewahren musste und qualitativ ausbauen“ – und beim Klinikthema Beharrlichkeit zeigen. Bei Richard Sigel sei wiederum Transparenz und die Einbindung der Kreisräte noch ausgeprägter als unter Fuchs. Da fehlt Hofer als langgedientem Kreistagsparlamentarier fast schon ein bisschen der parlamentarische Biss: „Die Kreistagssitzungen erinnern manchmal eher an Aufsichtsratssitzungen als an eine richtige Debatte mit Gegenrede.“