Mit Video - Der Kabarettist Christoph Sonntag, ein schwäbischer Opernsänger und eine dichtende Schwäbin – der neunte „Auf gut Schwäbisch“-Stammtisch im Zeppelinstüble spiegelte die große Bandbreite des liebenswerten Dialekts.

Stuttgart - Als Schwabe steht man unter Rechtfertigungszwang. Warum schwätzt der Schwabe so, wie er schwätzt, und warum nicht anders? Auch prominente Mundartvertreter wie Christoph Sonntag müssen sich das fragen lassen. „Warum Schwäbisch?“, will Moderator Tom Hörner am Donnerstagabend beim „Auf gut Schwäbisch“-Stammtisch im Zeppelinstüble von dem Comedian wissen. Schließlich hätte er auch als  Hochdeutsch sprechender Künstler seinen Weg machen können. Das hatte ihm Anfang der achtziger Jahre ein anderer bekannter Waiblinger, Alfred Biolek, ans Herz gelegt.

Sonntag, damals ein Newcomerle, übte sich daraufhin in Hochdeutsch – und ließ es nach einem Auftritt vor heimischem Publikum wieder bleiben: „Mach’s auf Schwäbisch?“, riet ihm eine Dame aus dem Publikum – was Sonntag beherzigte. Noch dazu lag ein denkwürdiges Erlebnis in Berlin hinter ihm. Vergeblich hatte er versucht, einem Busfahrer eine Information zu entlocken: „Fährt der Bus nach Wedding?“ „Was steht vorne dran?“, blaffte dieser Sonntag an. In Stuttgart hatte er ganz andere Erfahrungen gemacht. Sonntag erzählt von einer alten Dame, die ihm mit schwäbischer Gründlichkeit erklärte, welche Straßenbahn er nehmen musste, um ans Ziel zu kommen. Am Ende begleitete sie Sonntag sogar: „I fahr’ mit!“

Spätestens da stand für den angehenden Unterhalter fest: „Der Dialekt prägt den Charakter.“ Er sagte sich: Sonntag bleib bei deinem Schwäbisch! Seitdem geht er im schönen Süden des Landes seiner Lieblingsbeschäftigung nach, „die Leute zu unterhalten“. Mit großem Erfolg. Seine Tour „Alte Zeiten, Neue Zeiten“ sahen 200 000 Menschen. Eine Zahl, auf die Sonntag ebenso stolz ist wie auf die 3,5 Millionen Euro, die er für seine gleichnamige Stiftung bisher eingesammelt hat. Geld, das sozialen Projekten mit Kindern zugutekommt sowie einem anderen Herzensanliegen: aus dem Max-Eyth-See ein sauberes Gewässer zu machen.

Ja, es läuft gut für Sonntag, nicht nur an diesem Donnerstagabend vor den 40 Stammtischgästen im Zeppelinstüble des Hotels Steigenberger Graf Zeppelin, denen er nebenbei eröffnet, das er einen „nachdenklichen Roman“ verfasst hat, der möglicherweise verfilmt wird. Auch sonst kann er sich über Zuspruch nicht beklagen. Am Dienstag würdigte ihn das Landesmuseum in seiner Reihe „Württemberger Köpfe“.

Drei Tage zuvor hatte der schwäbische Charakterkopf als Christophorus Sonntag einen großen Auftritt in der Fellbacher Kelter vor 1100 Zuhörern und viel politischer Prominenz, darunter Ministerpräsident Winfried Kretschmann und CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf, den er bei dieser schwäbischen Ausgabe des berühmten Politikerderbleckens vom Nockherberg kräftig zauste. „Sonntag war besser, schärfer“, fand Kretschmann, der beide Veranstaltungen besuchte. Das geht dem Christophorus runter wie Öl. An diesem Sonntag ist Sonntag übrigens mit neuem Programm in der Stadthalle Reutlingen zu hören und sehen.

Noch nicht ganz so bekannt ist Jürgen Deppert aus Backnang. Das könnte sich nach seinem Auftritt im Zeppelinstüble ändern, denn der groß gewachsene Sänger bewegt sich auf einem Feld des Dialekts, das er bestens bestellt. Der ehemalige Textilkaufmann singt unter anderem Opern auf Schwäbisch. Auf eine Arie im italienischen und französischen Original folgt jeweils eine schwäbische Version. Darin geht’s um schwäbische Urinstinkte: Sparen, Essen, Putzen. ,Oh Spätzla, euch mog mein Ranza“, schmettert er beispielsweise zur Musik von Giuseppe Verdi („auf Schwäbisch: Sepp Grea“) und wärmt mit seiner sonoren Stimme die Herzen der Stammtischgäste.

Warum Schwäbisch? Diese Frage richtet sich auch an den Sänger, zumal sich die im Rachenraum modulierte Mundart „eigentlich nicht für Opern eignet“. Deppert singt trotzdem im Dialekt – aus Spaß an der Freud und „weil’s eigschlaga hat wie d’ S. . .“.

Warum Schwäbisch? Weil’s vielen Menschen gefällt. Das ist auch die Motivation für Doris Oswald „aus der Schnäppchenstadt Metzingen“, den Dialekt zu pflegen. Im Zeppelinstüble trägt sie spontan selbst verfasste Gedichte vor, mit denen sie üblicherweise Patienten in der Kurklinik Bad Urach aufrichtet. Eine echte Entdeckung.

„Dr Christoph Sonntag ond a schwäbischer Opernsänger . . . do gibt’s oifach koi Steigerung me“, schreibt ein Besucher später ins Gästebuch. Auch Sonntag hinterlässt eine Widmung – im Sinne aller: „Hot subber Spaß g’macht, danke!“