Hans-Christian Wieder braucht am Flügel keine Noten. Foto: Eva Funke

Als Kind ist er mit seinen Eltern nach Stuttgart gezogen. Seit 40 Jahren engagiert sich Hans-Christian Wiederer im Bezirksbeirat. An diesem Montag feiert der Stuttgarter seinen 80. Geburtstag.

S-Nord - An diesem Montag tagt der Bezirksbeirat Nord und Hans-Christian Wieder schwänzt. Schwänzen: Das passt eigentlich nicht zu ihm. Seit 40 Jahren sitzt der CDU-Mann im Bezirksbeirat Stuttgart-Nord – und kommt regelmäßig zu den Sitzungen. Doch diesmal macht er eine Ausnahme. „Schließlich wird man nicht jeden Tag 80“, sagt er. Dass er an einem 13. Geburtstag hat, stört ihn nicht. „Die 13 ist meine Glückszahl, denn ich hab’ in meinem Leben sehr viel Glück gehabt“, zieht er Bilanz.

Geboren wurde Hans-Christian Wieder 1937 in Koblenz. Als er vier war, zog die Familie nach Stuttgart. „Mein Vater war Kommandeur der Schutzpolizei und wurde nach Stuttgart versetzt“, erzählt Wieder. Dann meldete sich der Vater freiwillig an die Ostfront und kehrte nicht zurück. „Recherchen haben ergeben, dass er 1943 dort vermutlich ermordet worden ist“, sagt Wieder, und es ist zu spüren, dass ihn der Verlust und das ungewisse Schicksal des Vaters noch heute schmerzen. Als Kind hat er zusammen mit der Mutter, die 104 Jahre alt wurde, und den zwei Geschwistern die Bombardierung der Stadt im Bunker erlebt und die Stadt in Trümmern gesehen. Das mag mit ein Grund dafür gewesen sein, dass er Architekt geworden ist. „Ich bin Stuttgarter mit Leib und Seele und seh mich als Hausarzt für Häuser“, sagt er.

Gegen Hochhäuser gekämpft

Als Wieder vor 40 Jahren für die CDU Bezirksbeirat wurde, zunächst in Botnang und seit 1984 im Stadtteil Nord, war von Anfang an die Erhaltung des Stadtbilds ein Schwerpunkt seines ehrenamtlichen Engagements im Beirat. „Ich habe immer gegen die Hochhäuser im Stuttgarter Norden gekämpft, weil sie die Topografie Stuttgarts stören“, sagt Wieder. Doch die Befürworter in der CDU hätten sich durchgesetzt. Gern wäre Wieder auch als Stadtrat für seine Partei ins Rathaus gezogen. „Doch bei den Wahlen war ich auf der Liste so weit hinten platziert, dass ich keine Chance hatte“, stellt er fest. Er vermutet, dass der schlechte Listenplatz damit zusammenhängt, dass er auch mit Kritik an seiner Partei nicht hinterm Berg hält.

Mehr Macher als Schöngeist

Stolz ist der nun 80-Jährige darauf, dass er vom Killesbergverein zum Turmobmann berufen worden ist. Als solcher sperrt er seit 15 Jahren den Bismarckturm für die Bürger auf, damit die Stuttgart von oben sehen können. Außerdem organisiert er das Nachbarschaftsfest unter dem Turm. „Die Wurst und das Bier sind für alle gratis“, sagt Wieder. Möglich ist das, weil er dafür Spenden bekommt. Wieder: „Die Sponsoren vertrauen mir so, dass sie mir Geld fürs Fest im Umschlag in den Briefkasten stecken.“ Selbst bezeichnet sich Wieder mehr als Macher denn als Schöngeist. Doch der passionierte Skifahrer hat auch eine musische Seite: An seinem Flügel spielt er ohne Notenblatt Melodien, die ihm gerade einfallen. Das künstlerische scheint in der Familie zu liegen: Die verstorbene Schauspielerin Hanne Wieder war seine Schwester.

Und was steht am Geburtstagsabend statt der Sitzung des Bezirksbeirats an? „Feiern unter anderen mit Ehefrau Verena, Sohn Jörg und Tochter Heike, die extra aus den USA anreist.“ Gewünscht hat sich der Jubilar von der Familie einen gemeinsamen Skiurlaub. Ob der Wunsch erfüllt wird, weiß er allerdings noch nicht.