Bohrer, Sägen, Fräsen Made im Kreis Esslingen: im Jubiläumsjahr bekennt sich das Familienunternehmen Festool zu den schwäbischen Wurzeln.
Früher war die Bedienung einer Kettensäge ein schweres Geschäft, das mindestens der Kraft zweier Personen bedurfte. Ein Unternehmen aus dem Kreis Esslingen versprach den Handwerkern im Jahr 1927 eine Lösung für eine Person. Fast 100 Jahre später ist die Marke Festool, die daraus erwachsen ist, noch immer im Kreis Esslingen. Im Jubiläumsjahr bekennt sich die Unternehmensspitze zum Standort Deutschland mit Hauptsitz in Wendlingen.
„Wir entwickeln in Wendlingen. Wir fertigen rund 80 Prozent aller Festool Maschinen in Deutschland. Das ist ein wesentlicher Anker unseres Erfolgs“, so Sascha Menges, Vorstandsvorsitzender der TTS-Gruppe, zu der Festool gehört. Derzeit hat Festool im Kreis Esslingen etwa 1500 Mitarbeitende an den Standorten Wendlingen, Weilheim und Neidlingen, weltweit sind es mehr als 2600.
Firma Festool entsteht aus Realteilung bei Festo
Die Marke Festool wird in diesem Jahr 25. Allerdings feiert die Gruppe mit Mitarbeitenden, Lieferanten und Kunden 100-Jähriges. Denn sie bezieht sich auf die eigenen Wurzeln in einem anderen Unternehmen, das im Raum Esslingen ebenfalls bestens bekannt ist: Festo. Die Gesellschafter beider Industriegrößen sind verwandt, Nachfahren des Festo-Mitgründers Gottlieb Stoll. Dessen Söhne Kurt und Wilfried hatten bereits in den 1970ern die Firmenleitung übernommen. 2000 wurde die Elektrowerkzeugsparte aus der Festo-Gruppe ausgegliedert. Im Zuge einer Realteilung, also einer Aufteilung des Besitzes unter den Erbberechtigten, wurde sie der Schwester der Firmenchefs, Gerda Maier-Stoll, übertragen. Bei Gründung hatte Festool 580 Mitarbeitende.
Wie Festo ist auch Festool bis heute in Familienhand. Gottlieb Stolls Enkelin Barbara Austel, Tochter von Gerda Maier-Stoll, ist Aufsichtsratsvorsitzende. „Unsere Geschichte ist Familiengeschichte, Unternehmensgeschichte und auch ein Stück Geschichte des Handwerks“, sagt sie. „Die Tradition als starke Wurzeln zu sehen, aus denen immer wieder Neues wachsen kann – das war schon immer unsere Stärke.“
So steht es um die Arbeitsplätze bei Festool
Auf Gottlieb Stolls Erkenntnis, dass „das Werkzeug zum Werkstück kommen muss und nicht umgekehrt“ führt Festool seinen heutigen Erfolg zurück, wie das Unternehmen betont. Die Elektrowerkzeuge, die zu Stolls Anfängen trotz Bedienbarkeit durch eine Person weniger allerdings noch immer recht schwer waren, sind heute bei Festool freilich viel handlicher. Zu den Kassenschlagern der Wendlinger gehören eigenen Angaben zufolge Sägensysteme aus Tauchsägen und Führungsschiene, staubfreie Schleifsysteme und eine sogenannte Dübelfräse, mit deren Hilfe Holz verbunden werden kann. Eine neue Entwicklung ist ein aktives Exoskelett, das den Handwerkerinnen und Handwerkern bei der Arbeit eine Extraportion Kraft verleihen soll.
Die Marke Festool ist heute eigenen Angaben zufolge eine der international führender Anbieter für das professionelle Handwerk mit fast 900 Patenten in den Segmenten Schreiner, Holzbau und Maler. Wie andere Wettbewerber im Elektrowerkzeugsegment hatten auch die Wendlinger im vergangenen Jahr Umsatzrückgänge zu verzeichnen – um 4,5 Prozent auf 830 Millionen Euro im Jahr 2024. Mit Blick auf die Auftragseingänge in diesem Jahr teilt das Unternehmen mit, dass diese „ausgehend von der allgemeinen herausfordernden Lage“ im Vergleich zum Vorjahr konstant seien. Während es 2024 noch Kurzarbeit in der Produktion gab, ist das derzeit aber nicht mehr der Fall. Stellenabbaupläne gebe es nicht.
Auszeichnung mit Landesausbilderpreis
Mit Blick auf die Zukunft am Standort Deutschland betont Festool, Wert auf die Nachwuchsförderung zu setzen im eigenen Haus und auch bei seinen Zielgruppen, dem Handwerk. Kürzlich wurde das Unternehmen mit dem Landesausbilderpreis ausgezeichnet. Außerdem ist es einer der Hauptsponsoren bei europaweiten Berufsmeisterschaften EuroSkills im September 2025 in Dänemark.
Auch Nachhaltigkeit definiert der Elektrowerkzeughersteller als ein Zukunftsthema und weist auf sein 2022 fertiggestelltes Werk in Weilheim hin, in dem möglichst energieeffizient und ressourcenschonend hergestellt werde. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach produziert einen großen Teil des benötigten Stromes. Nach Umbauten, Renovierungen und Erweiterungen aller Produktionsstandorte will Festool eigenen Angaben zufolge CO2-neutral oder sogar -positiv produzieren.
Der Elektrowerkzeughersteller heute und damals
Standorte Festool
Am Hauptsitz Wendlingen sind nach Unternehmensangaben die Bereiche Forschung und Entwicklung, Qualitätssicherung, Versuch, Einkauf, Marketing beheimatet sowie Service, Vertrieb und ein zentrales Logistikzentrum. Das Werk in Neidlingen werde als innovativer, hochautomatisierter und digitalisierter Vorfertigungsstandort weiter modernisiert. In Illertissen (Bayern), wo Entwicklung, Versuch, Montage und Logistik der Absaugmobile ansässig sind, werden die Produktions- und Logistikflächen laut Festool aktuell verdoppelt. Ein weiteres großes Werk befindet sich Tschechien. Außerdem hat die TTS-Gruppe Tochterunternehmen in Deutschland und den USA mit weiteren Standorten.
Historie Festo und Festool
Alles begann vor 100 Jahren in einer Werkstatt in Esslingen. 1925 gründeten Gottlieb Stoll und Albert Fezer in der Olgastraße einen Betrieb zur Reparatur von Holzbearbeitungsmachinen. Aus den Anfangsbuchstaben der Namen ergibt sich der Firmenname Festo. Über die Jahrzehnte werden im Unternehmen drei Geschäftszweige ausgebaut: Pneumatik, Automatisierungstechnik und die Werkzeugsparte, die seit 1992 als „Festo Tooltechnic“ firmierte. Sie wurde 2000 aus dem Festo herausgelöst und als eigenständiges Unternehmen unter dem Namen Festool weitergeführt.