Indien - StN-Redakteurin Anja Wasserbäch ist gespannt,was sie dort erleben wird. Foto: EPA

Anja Wasserbäch, Redakteurin der StN, ist vier Wochen beim Austausch in Mumbay (Indien).  

Stuttgart  - Von Stuttgart nach Mumbai - und erst in vier Wochen wieder zurück. StN-Redakteurin Anja Wasserbäch nimmt am Journalistenaustausch "Nahaufnahme" des Goethe-Instituts teil. Während ihrer Zeit in der indischen Metropole arbeitet sie bei der weltweit auflagenstärksten Zeitung, der "Times of India".

Frau Wasserbäch, was nimmt man mit auf eine vierwöchige Reise nach Indien, genauer gesagt Mumbai?

Gastgeschenke sind dabei, Kleidung, hauptsächlich leichte Sachen, und eine Reiseapotheke. Und natürlich Laptop, diverse Ladekabel, Akkus, Kamera. Alles, was man zum Arbeiten braucht.

Wie ist denn gerade das Wetter in Indien?

Tagsüber hat es so um die 40 Grad.

Was galt es, im Vorfeld zu erledigen? Mussten Sie sich impfen lassen? Gab es Probleme mit dem Visum?

Ich habe viel Zeit bei meiner Hausärztin und in Warteschleifen am Telefon verbracht. Für das Visum brauchte ich offizielle Einladungsschreiben der "Times of India" und vom Goethe-Institut. Dann aber bekam ich mein Journalistenvisum eigentlich problemlos.

Waren Sie schon einmal in Asien?

Nein, noch nie.

Sie wurden ausgewählt, für das Journalistenaustauschprogramm "Nahaufnahme" des Goethe-Instituts Ihren Arbeitsplatz bei den Stuttgarter Nachrichten für einen Monat gegen einen Schreibtisch bei der "Times of India" zu tauschen. Ein radikaler Szenenwechsel . . .

Das wird es bestimmt sein. Indien ist ein Land im Umbruch. Aber wie geht es konkret den Menschen dabei? Wie leben junge Frauen in Mumbai? Welche Regeln findet man in einer scheinbar unorganisierten Stadt? Mir geht es darum, den Blick zu weiten, Menschen kennenzulernen, die mit ganz anderen Problemen konfrontiert sind als man selbst. Oder vielleicht doch auch mit denselben? Stuttgart und Mumbai sind seit über vierzig Jahren Partnerstädte, und dennoch wissen wir recht wenig von den Menschen dort.

Sie werden in Mumbai freilich nicht nur am Schreibtisch sitzen bleiben. Mumbai ist ein Moloch. Wie werden Sie anfangen, diesen zu erkunden?

Ich habe Unterstützung von meiner Austauschpartnerin, den Kollegen bei der "Times of India" und den Mitarbeitern des Goethe-Instituts. Das wird mir die Recherche bestimmt erleichtern.

Sie haben sich sicher kundig gemacht über Mumbai. Versetzen Sie sich aber in die Zeit, als das Wort Mumbai nicht mehr für Sie war als ein wohlklingender Name. Welche Vorstellungen hatten Sie damals im Kopf, wenn das Wort fiel?

Ich dachte zuerst an die farbenfrohen, kitschigen Bollywood-Filme, in denen so schön gesungen wird.

Welche Informationen über Mumbai haben Sie überrascht?

In Mumbai leben mehr Milliardäre als in Manhattan, zugleich aber über 60 Prozent unter der Armutsgrenze. Die Schere zwischen Arm und Reich könnte nicht größer sein.

Bei den Anschlägen in Mumbai am 26. November 2008 kam es in der indischen Metropole zu Explosionen, Angriffen mit Schnellfeuerwaffen und zu Geiselnahmen. Nach Angaben der indischen Behörden hat es dabei mindestens 239 Verletzte und 174 Tote gegeben. Fühlen Sie sich dennoch sicher?

Schwierig. Wer fühlt sich schon sicher? Wer fühlt sich unsicher? Wir reisen ja auch alle weiterhin nach New York.

Worauf freuen Sie sich ganz persönlich am meisten - mal abgesehen von der Arbeit?

Auf die Erfahrung. Darauf, wie es sich anfühlt, fremd zu sein, und wann dieses Gefühl vielleicht abflaut. Das Nahaufnahme-Projekt ist eine Herausforderung, journalistisch wie auch persönlich.

Welchen Themen wollen Sie journalistisch nachgehen? Was finden Sie besonders spannend?

So einfach es klingt: das Leben der Menschen in Mumbai. Meine Themenliste ist so lang, dass vier Wochen knapp bemessen sind.

Wo überall wird man Ihre Berichte nachlesen können?

In den Stuttgarter Nachrichten natürlich, in der "Times of India" und online unter www.goethe.de/nahaufnahme. Für diese Internetseite wie auch für die der Stuttgarter Nachrichten werde ich auch bloggen.

Die "Times of India" ist die auflagenstärkste Zeitung weltweit. Eine Herausforderung?

Natürlich. Die "Times of India" hat eine Auflage von fast vier Millionen. Die Website ist mit monatlich mehr als 12,2 Millionen Besuchern eine der meistgelesenen weltweit. Printmedien haben einen hohen Stellenwert in Indien. Allein die Anzahl der erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften lässt die deutsche Verlagslandschaft recht blass aussehen. Ich bin schlichtweg gespannt, wie Journalismus in Indien funktioniert. Und welche Rolle das Internet spielt.

Sie gehen nach Indien, im Gegenzug kommt eine Kollegin, Sukhada Tatke, aus Mumbai im Mai nach Stuttgart. Wissen Sie, welche Vorstellungen sie von Deutschland hat?

Sukhada Tatke freut sich auf Deutschland und will so viel wie möglich über die Kultur und die Geschichte erfahren. Von Stuttgart hat sie schon gehört. Sie kennt Daimler - und die Demos gegen Stuttgart 21.

Für wen wird der Kulturschock größer sein?

Ich glaube, der wird für uns beide sehr groß sein.

Die Stuttgarter Nachrichten beteiligen sich an dem journalistischen Austauschprojekt "Nahaufnahme" des Goethe-Instituts. Sukhada Tatke von der Tageszeitung "Times of India" in Mumbai und unsere Redakteurin Anja Wasserbäch haben im März und Mai ihren Arbeitsplatz getauscht. Journalistinnen und Journalisten von vier weiteren deutschen Medien und fünf Zeitungen aus dem Ausland berichten für einige Wochen über Politik, Kultur und Alltag der anderen Stadt.