Festwirtine Josefine Maier ist im Alter von 90 Jahren gestorben. Foto: achim zweygarth

Ein Volksfest ohne Josefine Maier? Unvorstellbar. Fast 60 Jahre lang kam die Wirtin des Göckelesmaier-Zeltes auf den Wasen. Doch man wird sich an den Gedanken gewöhnen müssen. Im Alter von 90 Jahren ist Josefine Maier friedlich in ihrem Haus eingeschlafen.

Stuttgart - Ein Volksfest ohne Josefine Maier? Unvorstellbar. Fast 60 Jahre lang kam die Wirtin des Göckelesmaier-Zeltes auf den Wasen. Doch man wird sich an den Gedanken gewöhnen müssen. Im Alter von 90 Jahren ist Josefine Maier friedlich in ihrem Haus eingeschlafen.

Krank war sie, geplagt von der Dialyse, doch beim Volksfest schaute sie immer noch vorbei. Wenn auch nur kurz. Zu anstrengend war der Trubel, und dann wollte sie auch nicht im Wege sein. Sie wusste schließlich, wie anstrengend die Arbeit dort ist, dass man Tag und Nacht alle Hände voll zu tun hat. Noch nicht lange ist es her, dass sie selbst mitgeschafft hat und natürlich wie jeher in ihrem Wohnwagen übernachtet hat.

Die Festwirtin muss immer gut gelaunt sein

Vor einigen Jahren haben wir sie mal besucht. Da war sie schon in den Achtzigern. Doch bevor wir unser Gespräch beginnen konnten, mussten wir warten. „Gehen Sie schon vor“, sagte Josefine Maier, „ich ziehe noch das Dirndl an.“ Nur keine Umstände wegen uns, bedeuteten wir ihr. Doch das sind keine Umstände. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Der Wohnwagen, das war privat, aber draußen im Zelt, da war sie die Festwirtin. Auch wenn der Betrieb ihrem Sohn Karl gehört: Festwirtin bleibt man das ganze Leben. Die Gastronomie, speziell jene auf dem Wasen, ist Teil der Showbranche. Das Bier muss kühl, der Gockel knusprig und die Festwirtin fesch und gut gelaunt sein. Auch wenn ihr zum Heulen zumute ist, muss sie lachen. Das zahlt der Zecher mit.

1973 starb ihr Mann, sie führte fortan den Betrieb

„Mir geht’s gut“, sagte sie damals und schmunzelte, „ich bin halt alt, aber auf dem Platz geht’s mir bestens, krank werde ich nur daheim.“ Aber damals, 1973, als ihr Mann im Alter von 73 Jahren starb und sie mit ihrem sechs Jahre alten Sohn und dem Betrieb dastand, „das war eine schwere Zeit“. Oft habe sie gezweifelt, ob sie das schaffe. Auf 14 Plätzen habe Göckelesmaier sein Zelt aufgebaut und manche Feste als Veranstalter organisiert. „Und jetzt kommt eine Frau und verhandelt mit den Schaustellern“, sagte sie, „die wollten sich zunächst nichts von mir sagen lassen.“ Sie ordnete den Betrieb neu, baute ein kleines Zelt und reiste fortan mit eigenen Angestellten. „Ich wollte den Betrieb für meinen Sohn erhalten.“

Ein Betrieb mit großer Tradition. 1928 baute sich der Bäcker Karl Maier einen Eiswagen und ging auf Reisen. Drei Jahre später bot er als Maiers Karle Bratwürste an. 1938 kam er mit einer Göckelesbraterei aufs Volksfest. 1947 zimmerte er auf dem Wasen eine Festhalle zusammen, unter dem Motto „Göckele, Wurst und Bier, beim Maiers Karle schmeckt es dir“ war er der erste Festwirt, der nach dem Krieg auf dem Volksfest einen Neuanfang versuchte. Göckelesmaier nannte er sich, übernahm den Hofbräukeller im Marquardtbau und organisierte Volksfeste in Tübingen, Ulm und Heilbronn.

1998 übernahm ihr Sohn Karl den Göckelsmaier

1957 heiratete Josefine Roithmeier Karl Maier. Und den Betrieb. „Ich kannte das Geschäft“, erinnert sie sich, „ich war Buchhalterin in einem Zelt auf dem Oktoberfest.“ Sie habe gewusst, was sie erwarte. „Ich liebe dieses Leben“, sagte sie, „ich bin mit Leib und Seele mit dem Betrieb verwachsen.“

1998 konnte sie Sohn Karl den Betrieb übergeben, wohlgeordnet. „Ich war mir nicht sicher, ob er es macht“, erinnerte sich Josefine Maier, „er hat gewusst, welchen Verzicht so ein Geschäft erfordert, ich hatte nie so viel Zeit für ihn, wie ich gerne gehabt hätte.“ Doch die Verpflichtung, das Erbe zu schultern, spürte auch Karl junior. „Als er mir gesagt hat, dass er den Betrieb fortführt, ist mir ein Stein vom Herzen gefallen: Es hat sich gelohnt, die schweren Zeiten durchzustehen.“ Heute ist er der Festwirt Maier.

Aber ein Volksfest ohne Josefine Maier? Unvorstellbar. Und doch wird man sich an den Gedanken gewöhnen müssen.