Fotografien im Tattoostudio: Studiomanager Horst Krick (links) und Fotograf Johannes Müller sind für die ungewöhnliche Verbindung verantwortlich. Foto: Ina Schäfer

Ein Marketingleiter mit besonderem Hobby: Die Bloody Colors Gallery zeigt Johannes Müllers Irak-Bilder.

Stuttgart - Eine zerstörte Stadt, Soldatinnen und große Kinderaugen: Im Bloody Colors im Stuttgarter Westen hat am Samstag eine Ausstellung von Johannes Müller eröffnet. Der Fotograf reist seit 2011 in die Kriegs- und Krisengebiete dieser Erde, hält fest, was kaum auszuhalten ist, und versucht darin sogar noch so etwas wie Hoffnung zu finden. „Traces of Hope – Zeichen der Hoffnung“ heißt deshalb auch sein Projekt und die dazugehörigen Bilder, die zwei Monate am Hölderlinplatz in der Galerie-Tatoostudio-Kombi zu sehen sind.

Die Arbeiten sind im Irak entstanden, während der Befreiung der Stadt Mossul im Norden. „So sieht eine vom IS befreite Stadt aus“, sagt er und deutet auf ein Bild, das zerfetzte Autoteile zeigt und Häuser, die kaum mehr als solche zu erkennen sind. Die Hoffnung dahinter? Die Fotografien einen Raum weiter, die kleine Jungen und Mädchen zeigen, die es aus den umkämpften Gebieten herausgeschafft haben – zwar ohne Eltern, unterernährt, krank und schwer traumatisiert, doch immerhin in relativer Sicherheit. Einen Zugang zu den Kleinen zu finden, sei oft nicht leicht. Auf manchen Fotos an den Wänden der Galerie ist noch leichte Skepsis in den Kinderaugen zu erkennen.

Müller ist keineswegs Journalist oder hauptberuflicher Kriegsfotograf: Der 42-Jährige ist in Stuttgart aufgewachsen und arbeitet seit einigen Jahren in München als Marketingleiter von Bosch Hausgeräte. Für seine Reisen in den Irak oder nach Afghanistan verwendet er seine Urlaubstage – Müller macht Urlaub an der Front. Wobei für den Irak reiche auch schon ein verlängertes Wochenende. „Ich weiß, das klingt absurd, aber der Irak ist gerade einmal viereinhalb Flugstunden entfernt“, sagt er und macht damit deutlich, wie nah dieser Krieg tatsächlich ist. In Afghanistan hat er Soldaten der Bundeswehr begleitet und der US-Armee, im Irak war er mit Kämpfern der Peschmerga unterwegs. Inzwischen hat er dort überall gute Kontakte, Verbindungsmänner, sogenannte Fixer, die ihn mitnehmen, sich auskennen und übersetzen. Häufig sind weitere Fotografen und Journalisten dabei.

Jeder einzelne kann viel bewegen

Abzubilden, was der Krieg anrichtet, Emphatie für die Menschen zu wecken, auch und vor allem für diejenigen, die es als Geflüchtete nach Deutschland oder in andere sichere Länder schaffen, sind sein Antrieb sich immer wieder selbst in Gefahr zu bringen. Müller ist froh bisher physisch und psychisch unversehrt aus seinen Einsätzen zurückgekehrt zu sein, auch wenn es immer wieder zu schwierigen Situationen kommt. „Den Krieg gegen den Terror des IS hautnah mitzuerleben, war tatsächlich bisher die einschneidendste Erfahrung in meiner Zeit als freiberuflicher Fotograf“, sagt er. Doch: „Wenn ich Nachrichten bekomme von Menschen, die sich erkundigen, was sie selbst tun können, dann weiß ich, dass ich das Richtige mache“, sagt er.

Und dabei müsse man dafür gar nicht selbst vor Ort gehen. Auch in Deutschland könne man viel bewegen, etwa durch Mithilfe in den Flüchtlingsheimen oder einfach dadurch, Respekt zu zeigen. „Wenn die Menschen anfangen zu reflektieren, und nicht mehr in den sozialen Netzwerken hetzen, hat meine Arbeit schon etwas bewegt“, sagt er. Man kann aber auch noch mehr tun: Alle Einnahmen aus dem Verkauf der Bilder fließen komplett in die Arbeit von NGOs, die der 42-Jährige persönlich kennt, bei denen er mithilft und die sich um traumatisierte Kinder kümmern.

Ausstellung Bloody Colors Gallery, Hölderlinstraße 53, www.bc-tattoo.de