Johann-Dietrich Wörner. Foto: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

Stuttgart 21: Landesregierung will Umsetzung diskutieren - Grüne: „Beruhigungspille“.

Stuttgart - Eigentlich ist die Schlichtung zu Stuttgart 21 abgeschlossen. Doch die Landesregierung will den Gesprächsfaden in einem Forum wieder aufnehmen. Ob das zustande kommt, ist aber fraglich, denn die Grünen halten davon nicht viel.

Der Vorstandschef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, Johann-Dietrich Wörner (56), soll im Auftrag der Landesregierung ein neues Dialogforum für das Bahnprojekt Stuttgart 21 aufbauen. „Es ist uns ein Herzensanliegen, dass der Gesprächsfaden nicht abreißt“, sagte Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner bei der Vorstellung eines Sieben-Punkte-Plans, mit dem die Landesregierung Lehren aus dem Streit ziehen will.

Schon in Frankfurt vermittelt

Wörner, der seit Jahren zwischen Gegnern und Befürwortern des Frankfurter Flughafenausbaus vermittelt, will schon in den kommenden Tagen erste Gespräche darüber führen, welche Struktur und Aufgaben das Forum haben soll. Dabei setzt der promovierte Bauingenieur darauf, dass auch die verschiedenen Gruppen des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 auf das Gesprächsangebot eingehen. Gönner stellt sich verschiedene Dialoggruppen vor – so etwa zur Baubegleitung oder zur Gestaltung des Parks. Auch der von der Bahn zugesagte Stresstest zur Leistungsfähigkeit des geplanten Bahnknotens könne behandelt werden: „Wir kommen bewusst nicht mit einem fertigen Konzept und wollen keine weiteren Vorgaben machen.“

Wörner sieht seine Aufgabe, die er nach eigener Aussage ehrenamtlich übernimmt, nicht als Mediation im klassischen Sinn. Es gehe nicht darum, das Projekt infrage zu stellen, sondern die Ergebnisse der Geißler’schen Schlichtung umzusetzen. Auch in Frankfurt seien am Ende aus Gegnern des Flughafenausbaus und des Nachtflugs keine Befürworter geworden: „Bei manchen Punkten sind Konflikte nicht auflösbar.“ Trotzdem sei er mit dem Ergebnis der Vermittlung zufrieden. Wichtig sei, bei der Zusammensetzung des Runden Tisches sämtliche Seiten und Positionen zu berücksichtigen. Dass sich die Stuttgart-21-Gegner dem Gespräch verweigern, glaubt der 56-jährige Wissenschaftler nicht. Er hoffe, dass auch sie irgendwann einsehen, dass sich die Situation insgesamt durch ihre Mitarbeit verbessere. Wörner: „Ich würde erst aufgeben, wenn das Gespräch nachhaltig gescheitert ist.“

"Mittlerweile der vierte Beschwichtiger"

Gleichwohl sieht einer der Wortführer des Protests, der Grünen-Landtagsabgeordnete Werner Wölfle, das Dialogangebot äußerst kritisch. „So sieht nicht die Suche nach einem Kompromiss aus, deshalb kann auf dieser Grundlage kein Dialogforum funktionieren“, erklärte er in einer Mitteilung. Da helfe auch die Berufung von Johann-Dietrich Wörner wenig. Dieser sei mittlerweile „der vierte Beschwichtiger im Namen der Befürworter“. Nach seinem vermeintlichen Erfolg bei der Schlichtung verteile Ministerpräsident Stefan Mappus nun die nächste Beruhigungspille. „In Frankfurt gab es einen Auftrag, einen klassischen Kompromiss in der Sache zu suchen, in Stuttgart ist erst gar keine Idee zu einem Kompromiss hinterlegt, Stuttgart 21 soll gebaut werden“, sagte Wölfle, der auch verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion ist. Die Landesregierung bestimme wieder mal die Spielregeln, indem sie das Ergebnis vorwegnehme: „Wo liegt da das Dialogangebot?“

Als weitere Konsequenz aus dem Streit um Stuttgart 21 will die Landesregierung die Beteiligung der Bürger an der Planung von Großprojekten grundsätzlich verbessern. Dazu soll am 24. Februar in Stuttgart eine Expertenanhörung stattfinden. Die Ergebnisse sollen laut Mappus in eine Initiative einfließen, um das Planungsrecht auf Bundesebene bürgerfreundlicher zu gestalten.

Schmid gegen Mappus

Mappus kündigte außerdem an, bis zum Herbst an einer Hochschule des Landes einen Forschungsschwerpunkt „Bürgerbeteiligung und Akzeptanz öffentlicher Großprojekte“ einzurichten. Der SPD-Spitzenkandidat zur Landtagswahl, Nils Schmid, unterstellte Mappus am Dienstag, er wolle die Beteiligung der Bürger in Wirklichkeit gar nicht verbessern: „Sonst bräuchte er nur die Quoren für die Volksabstimmung zu senken.“

Wichtig sei, die Beteiligung jetzt schnell zu verbessern und nicht auf die lange Bank zu schieben, forderte der Fraktionsvize. Die Landesregierung ignoriere, dass es bereits genügend Vorschläge gebe, wie die Bürger besser einbezogen werden können – unter anderem von der SPD, die das Raumordnungsverfahren für Bürger öffnen will.