Das Nationale Kunstmuseum Kataloniens in Barcelona zeigt zurzeit eine Ausstellung mit Bildern der 1937 im Spanischen Bürgerkrieg gefallenen Fotografin Gerda Taro.

Das Nationale Kunstmuseum Kataloniens in Barcelona zeigt zurzeit eine Ausstellung mit Bildern der 1937 im Spanischen Bürgerkrieg gefallenen Fotografin Gerda Taro. Reporter haben neue Spuren ihres kurzen, aufregenden Lebens entdeckt.Gerda Taro, die Partnerin des berühmten Kriegsreporters Robert Capa (1913 bis 1954), wurde 1910 in Stuttgart geboren; bis zum ihrem 19. Lebensjahr wohnte sie mit ihren Eltern und Geschwistern in der Alexanderstraße 170 A.

Das Kunstmuseum am Schlossplatz wird die Gerda-Taro-Schau im kommenden Jahr übernehmen: Vom 29. Januar (Eröffnung) bis zum 16. Mai 2010 sind die Bilder am Schlossplatz zu sehen.

2007, siebzig Jahre nach dem Tod der Stuttgarterin, stieß in New York die Ausstellung "Gerda Taro" im International Center of Photography (ICP) auf große Resonanz. Mit der Retrospektive wurde die Reporterin erstmals als eigenständige Fotografin gewürdigt und nicht länger nur als Capas Geliebte oder Anhängsel gesehen.

Im Herbst 2007 habe ich die ICP-Ausstellung in Manhattan besucht und darüber berichtet. Die Kriegsfotografin war in Stuttgart lange nur leidlich bekannt. In der Stadt gab es keinen öffentlichen Hinweis. Von der New Yorker Hommage nahm hier kaum jemand Notiz. Dabei wäre es leicht gewesen, ihre Geschichte aufzuarbeiten: Die Taro-Biografin Irme Schaber, die auch als Kuratorin die ICP-Ausstellung betreute, lebt und arbeitet in Schorndorf.

Seit New York hat sich viel getan. Nach einem Antrag der Grünen im Gemeinderat hat die Stadt im Oktober 2008 an der Hohenheimer Straße, unweit der Alexanderstraße, den Gerda-Taro-Platz eingeweiht. Das Kunstmuseum verhandelte damals schon mit dem ICP über die Ausstellungsrechte, die Schau ging auf Europa-Tournee. Gestern trafen sich Vertreter des Kunstmuseums, der Landesbibliothek, des Forums Jüdischer Bildung und Kultur, der Stadtbücherei, des Literaturhauses mit Irme Schaber, um Begleitprogramme zur Ausstellung zu planen. Für die Geschichte der Gerda Taro interessiert sich mittlerweile auch Hollywood. Eine Produktionsfirma hat die Filmrechte gekauft.

Die Biografie scheint wie geschaffen für großes Kino. Als Tochter der jüdischen Einwanderer Heinrich und Gisela Pohorylle geboren, geht die junge Gerta (ursprünglich mit t) in die Königin-Charlotte-Realschule, Zellerstraße. Ihr Vater schlägt sich als Eier-Großhändler durch. Dank der finanziellen Hilfe ihrer Tante führt die bildhübsche Gerta schon in jungen Jahren ein mondänes Leben. Sie spielt Tennis auf der Waldau, lernt Französisch in einem Schweizer Internat und vergnügt sich in Stuttgarts Varietés und Tanzcafés.

1929 zieht die Familie aus wirtschaftlichen Gründen nach Leipzig. Gerta engagiert sich bei Aktionen gegen die Nazis, wird verhaftet und geht 1933 ins Pariser Exil. Dort lernt sie den ungarischen Fotografen André Friedmann kennen. Sie wird seine Managerin und arbeitet an seinem Image. Bald nennen sie sich - in Anlehnung an den Filmstar Greta Garbo und den Regisseur Frank Capra - Gerda Taro und Robert Capa. Sie reisen nach Spanien und unterstützen mit sensationellen Pressefotos aus dem Bürgerkrieg die Republikaner im Kampf gegen Francos Faschisten. Das Paar trifft Zeitgenossen wie Ernest Hemingway, Bertolt Brecht, Hanns Eisler, Willy Brandt.

Robert Capa wird mit dem Foto "Der fallende Milizionär" weltberühmt. Heute geht man davon aus, dass das Bild gestellt ist. Zum Zeitpunkt der Aufnahme fanden am Schauplatz keine Kämpfe statt. Kürzlich berichtete die "Süddeutsche Zeitung" von der These eines Experten, das Bild habe nicht Capa mit seiner Leica, sondern Gerda Taro mit einer Rolleiflex fotografiert. Beweisen lässt sich das heute nicht mehr. Neu entfacht wurde damit die Diskussion über gestellte Kriegsbilder. Der Berliner Verleger Klaus Bittermann schrieb darüber schon 2003: "Der Vorwurf der Manipulation ist ein sehr puristisches Argument, denn die Gestaltung von Wirklichkeit bedeutet nicht automatisch, an ihr Verrat zu begehen, und auch nicht, dass Bilder lügen, wenn sie arrangiert wurden. Republikanische Soldaten sind im Spanischen Bürgerkrieg gefallen. Ihnen wurde mit Capas Foto ein Denkmal gesetzt, das Bild ist alles, was in der Erinnerung vieler Menschen von ihnen geblieben ist, in ihm hat sich ein historischer Moment verdichtet."

Unbestritten ist heute, dass die Taro eine große Fotografin war. Im vergangenen Jahr wurde in Mexiko ein Koffer mit zahlreichen Negativen gefunden, die zweifelsfrei der Reporterin zugeordnet werden konnten. Lange war das nicht möglich gewesen, weil sie unter dem gemeinsamen Copyright Capa gearbeitet hatte.

In diesem Juli veröffentlichte die Madrider Zeitung "El País" neue Fakten über den Tod von Gerda Taro: Der republikanische Soldat Aníbal González steuert am 25. Juli 1937, während eines Luftangriffs von Hitlers Legion Condor in der Schlacht von Brunete bei Madrid, einen russischen Panzer vom Typ T-26. Gerda Taro fotografiert die Kampfszenen. Als sie aufs Trittbrett eines Sanitätsfahrzeugs springt, stürzt sie auf die Straße. Der Tank überrollt ihre Beine, ohne dass es González bemerkt. Am nächsten Tag ist Gerda Taro tot. 71 Jahre sollte es dauern, bis man ihr in ihrer Heimatstadt Stuttgart ein Denkmal setzte.