Holländisches Schiff auf dem Neckar Foto: Erich Kohfink

Man kann sich im Leben nicht immer auf den Zufall verlassen. Manchmal braucht man auch Glück.

Man kann sich im Leben nicht immer auf den Zufall verlassen. Manchmal braucht man auch Glück. Allein im Fußball gibt es nicht die Sorte Glück, die man als Dusel, Massel, Dummenglück kennt - als Lucky Punch, wie der Boxer sagt. Im Fußball, sagt der Trainer, wird das Glück "erarbeitet", nicht nur bei illegalen Wetten.

Dass die Kickers nach einer ziemlich verkorksten Hinrunde neuerdings sensationell um den Aufstieg spielen, kann unmöglich an einer Glückssträhne liegen. Dahinter steckt harte Arbeit. Wäre es nicht so, hätte die Hure Glück gesagt: Ihr könnt mich mal kreuzweise am Degerloch, ich habe schon mehr als genug mit dem VfB zu tun.

Wer dem VfB in den vergangenen Wochen zugeschaut hat, weiß, dass es nicht der VfB ist, der sich gegen den Abstieg stemmt. Es ist das Glück.

Wenn das Glück selbst mal Lust auf eine bombensichere Kombi-Wette hätte, würde es darauf setzen: Die Kickers steigen in die dritte Liga auf und der VfB in die zweite Liga ab. Dann wären alle eng und gerecht zusammen, in der allgemeinen Stuttgart-Liga. Stuttgart hat das Glück, dass es zurzeit ausnahmsweise mal nicht auf den Fußball angewiesen ist, um wahrgenommen zu werden. Das erledigen die Bürger am Bahnhof in ihrem Kampf um Demokratie. Jedenfalls ist über den Protest gegen die politischen Lobbyisten und ihre Auftraggeber international weit mehr zu lesen als über Kaiserslautern, Köln, Cannstatt. Erst neulich stand wieder was im "Guardian".

Wie viel Gespür muss ein Mann da haben, wenn er wie der ehemalige Stuttgart-21-Sprecher Drexler der "Süddeutschen Zeitung" sagt: "Kein Verkehrsprojekt der Welt ist es wert, dass sich eine Gesellschaft so darüber zerstreitet." Herr Drexler aus Esslingen glaubt demnach bis heute, in Stuttgart gehe es um ein "Verkehrsprojekt". Man möchte ihm viel Glück wünschen bei der weiteren Beurteilung der Welt. Vermutlich genießt er die intellektuelle Einsamkeit und die gute Aussicht auf seiner Verkehrsinsel im Landtag. Seine Partei, die SPD, ist ohnehin mit spezieller Sehkraft ausgestattet. Die Chefs fordern ununterbrochen "Augenhöhe".

Verschiedene Dinge, ich habe es bereits erwähnt, sind in unserer kleinen Stadt extrem dicht beieinander. Einer von Herrn Drexlers Nachfolger als S-21-Lautsprecher, der Herr Dietrich, hat sich in den vergangenen Monaten ins Innere der Stuttgarter Kickers getunnelt. Zuletzt hat er auf diesem Weg den Geschäftsführer des Vereins grob gefoult und aus dem Amt gedrängt. Manche sprechen bereits von einer feindlichen Übernahme durch den "Investor". Lange war er anonym.

Zum Glück funktioniert Fußball nicht wie Politik. Club-Fans bleiben ihrer Mannschaft auch dann treu, wenn sie den Verkehr mir ihren Club-Bossen längst meiden. Davon können Herr Drexler, Herr Schmid und andere sozialdemokratische Restposten nur träumen.

Zu meinen Lieblingsverkehrsstraßen in Stuttgart gehört, auch wenn er nicht an meinem Lieblingsclub vorbeifließt, bekanntlich der Neckar. Und weil der Neckar in Stuttgart nicht halb so populär ist wie der VfB, habe ich ihn in John Silver umgetauft. Das klingt international, nach Abenteuer, Glück und Abgründen.

Neulich habe ich wieder von John Silver berichtet. Herr Erich Kohfink aus Stuttgart hat es zum Glück gelesen und wenig später ein Schiff aus Holland auf dem Neckar gesichtet. Er hat mir Fotos von dem Schiff geschickt. Herr Kohfink ist kein Doktor, seine Bilder sind echt. Das mit dem Schiff war kein Zufall und kein Glück.

Es war ein Zeichen Gottes. An Bug und Heck des Frachters steht unwiderlegbar:

"Silver". John Silver ist kein Traum.

Joe Bauers Leseshow "Flaneursalon" gastiert am Donnerstag, 5. Mai, in der Straßenbahnwelt Bad Cannstatt. Musik machen Stefan Hiss, Michael Gaedt, Dacia Bridges & Alex Scholpp. Beginn 20Uhr. Kartentelefon: 07 11 / 78 85 77 70.