In Husum ist er geboren, in Hamburg lebt er – und malt das Meer als „Schwere See“. Dennoch und gerade deshalb unterläuft Jochen Hein zahllose Regeln der Malerei. Die Schau seiner neuen Bilder in der Galerie Fuchs in Stuttgart ist ein Muss, findet „Stuttgarter Nachrichten“-Autor Nikolai B. Forstbauer.
Stuttgart - „Sie sind da“, titelt der aktuelle „Spiegel“ und setzt damit weiter auf das krachend gescheiterte Spiel, der AfD die Monster-Fratze aufzusetzen, statt die wortgewaltige Leere des vorgeblichen Programms dieser vorgeblichen Partei zu identifizieren.
Farbstürme aus Husum
Sie sind wieder da, die Wellen von Jochen Hein, wieder zu sehen in der Galerie Thomas Fuchs in Stuttgart – und sie haben in all ihrer vorgeblichen Offensichtlichkeit nichts von ihrer buchstäblichen wie von ihrer inhaltlichen Tiefe verloren. Eine Realität, die doch ein Farbsturm ist und sich zuletzt gar als fast körperhafte Farbmaterie zeigt – diese Seestücke des 1960 in Husum geborenen und in Hamburg lebenden Malers haben es im besten Sinn in sich.
Kunstmarkt-Aufsteiger
Die Brandungsbilder aber, die Jochen Hein im Kunstmarkt mit gutem Grund weit nach oben katapultiert haben, sind nicht mehr allein. Der Maler dreht in seinem jüngsten „Haar“-Zyklus die eigene Methodik um: Nicht mehr der Pinselhieb führt den aus der Distanz wahrgenommenen Fotorealismus ad absurdum, sondern gerade die Überhöhung der Präzision. Feinste Ritzungen in einen schwarzen Farbraum schaffen je nach Druck und Richtung feinste Weiß-Kontraste, die sich zu einem Ganzen fügen, das wir wie selbstverständlich porträthaft wahrnehmen. Da ist das tatsächliche Porträt nicht weit – aber fast folgerichtig wieder ein Fall für eine Malerei, die ihre Präzision bewusst dafür einsetzt, das Ungefähre aufscheinen zu lassen.
Unbedingt sehenswert
Mit zudem präsentierten „Parkstücken“ rundet sich diese Schau zu einer Jochen-Hein-Bestandsaufnahme. Der Ausstellungstitel „Nichts wie es scheint“ liefert dabei ein Ausrufezeichen zu viel? Vielleicht. Eines aber wird unmissverständlich: wie vielfarbig Schwarz-Weiß-Malerei sein kann, wie differenziert, wie gegensätzlich. Genau hinzusehen lohnt sich – nicht nur hier.
Jochen Hein in der Galerie Thomas Fuchs in Stuttgart (Reinsburgstraße 68 a, bis zum 4. November, Di–Fr 13–19, Sa 11–16 Uhr). www.galeriefuchs.de