Joël Robuchon 2015 während einer Veranstaltung in London. Foto: Getty

Frankreich trauert um den mit 31 Michelin-Sternen gekrönten Kochkünstler Joël Robuchon, der im Alter von 73 Jahren einem Krebsleiden erlegen ist.

Paris - Es klingt nach Majestätsbeleidigung, aber es ist keine: Joël Robuchon als König des Kartoffelbreis zu feiern gereicht dem Starkoch durchaus zur Ehre. Gewiss, Robuchons legendäres Püree aus durchs Sieb gepressten, länglichen, kräftig-gelben Erdäpfeln und viel, viel Butter nimmt sich auf den ersten Blick gering aus neben all dem anderen, das der am Montag mit 73 Jahren verstorbene Franzose hinterlässt. Zurück bleibt da etwa ein weltumspannendes Restaurantimperium, über dem 31 Michelin-Sterne funkeln. Weltrekord ist das. Zu den drei großen Pionieren der französischen Küche zählt Robuchon, steht auf einer Stufe mit dem im Januar verstorbenen Paul Bocuse und dem 61-jährigen Alain Ducasse. 1987 war Robuchon zu Frankreichs Koch des Jahres gekürt worden, 1990 gar zum Koch des Jahrhunderts. Aber wenn Robuchon Starruhm und Sternensegen zuteilwurde, dann eben, weil dieser beleibte Mann nie die Bodenhaftung verloren hat. Bei aller Experimentierfreude liebte er das Einfache.

Zu den Mitbegründern der Nouvelle Cuisine zählt er, die Frisches vom nahen Markt bevorzugt, es schonend zubereitet, ihm höchste Gaumenfreuden entlockt. Robuchons Credo lautete: Man muss den Geschmack freilegen, nicht zuschaufeln. Mehr als drei, vier Zutaten sollten es nicht sein.

Die L’Atelier (Die Werkstatt) genannten Restaurants des aus dem westfranzösischen Poitiers stammenden Kochkünstlers warten mit entsprechend schlichtem Mobiliar auf. Gäste sitzen am Küchentresen, fachsimpeln mit dem Koch. Regierungssprecher Benjamin Griveaux dürfte am Montag trauernden Landsleuten aus dem Herzen gesprochen haben, als er twitterte, die Nation habe „einen Visionär“ verloren, der Frankreichs Kochkunst weltweit zum Strahlen gebracht habe.

Im Kloster entdeckt Robuchon seine Leidenschaft fürs Kochen

Zwölf Jahre alt, wähnt der kleine Joël sein berufliches Glück noch nicht am Herd, sondern auf der Kirchenkanzel. Die Priesterlaufbahn schlägt er ein. Und bestimmt hätte er auf einer Kirchenkanzel ebenfalls eine gute Figur abgegeben. Aber in der Klosterküche von Mauléon entflammt Joël eben für die Kochkunst. Er beginnt als Tellerwäscher, wird mit 28 Jahren Hotelkoch, steht bald darauf im eigenen Restaurant am Herd, avanciert zum Küchenpapst, verfasst Gourmetbibeln, erfreut sich einer wachsenden Schar von Jüngern. Selbstbewusstsein, Führungsstärke besitzt Robuchon. Ein rechtes Alphatier ist er. Wenn der charismatische Chefkoch mit den blitzblauen Augen und dem breiten Siegerlächeln in Fernsehkochshows aufkreuzt, senkt der Nachwuchs ehrfürchtig den Blick.

Mit eiserner Hand hält Robuchon sein Küchenimperium nicht nur zusammen. Er erweitert es auch kontinuierlich. Mit 69 Jahren eröffnet der passionierte Vielflieger gleich drei neue Häuser: eines in Bangkok, eines in New York und eines in Las Vegas. Aufgabe der Robuchon-Statthalter in aller Welt ist es, sich peinlich genau an die Rezepte des Meisters zu halten. Unter demselben Namen soll weltweit dasselbe aufgetischt werden. Das ist der Anspruch des Gastronomen. Und auch jetzt, da er einem Krebsleiden erlegen ist, soll sich daran nichts ändern, ganz gleich, ob der Gast nun einen Kartoffelbrei verlangt oder Kaviarkreationen.