Jerry Maren hat gerne an „The Wizard of Oz“ zurückgedacht. Foto: dpa

Jerry Maren war mit 18 Jahren 107 Zentimeter groß. Das brachte ihm eine Rolle als Zwerg in „The Wizard of Oz“. Nun ist dieser letzte Überlebende aus einem der größten Hollywood-Klassiker im Alter von 98 Jahren gestorben.

Hollywood - Als das Hollywoodstudio MGM 1939 seine Erfolgsreihe um den Dschungelhelden Tarzan fortsetzte, mit „Tarzan finds a Son“, mussten die Tiertrainer abwinken. So viele trainierte Schimpansen, wie Regisseur Richard Thorpe brauchen würde, standen nicht zur Verfügung. Für die Produzenten war das weiter kein Problem: Sie ließen Tierkostüme nähen und zogen sie kleinwüchsigen Darstellern über. Man könnte bitter kommentieren, das illustriere, dass sich körperlich Auffällige in der legendären Traumfabrik nur zum Affen machen konnten. Aber das wäre nur die halbe Wahrheit.

Viele der Affendarsteller kamen damals fast ohne Umweg von anderen Dreharbeiten, jenen zu einem der größten, konkurrenzlos frisch gebliebenen,immer wieder zitiertenKlassiker Hollywoods: „The Wizard of Oz“. Sie hatten dort die Munchkins gespielt, das kleine Völkchen in jenem Zauberland, in das ein Wirbelsturm die von Judy Garland gespielte Dorothy entführt. „The Wizard of Oz“ stellte die Schicksalswende für viele Kleinwüchsige im Showgeschäft dar. Jerry Maren, der letzte der Munchkins, der letzte der Darsteller aus „The Wizard of Oz“, ist am 24. Mai in einem Pflegeheim in La Jolla, Kalifornien, im Alter von 98 Jahren gestorben, wie erst diese Woche bekannt wurde.

Lieber Varieté als Freakshow

Maren, 1920 in Boston als jüngstes von elf Geschwisterchen geboren, hatte sich mit viel Schufterei auf eine Karriere im Showgeschäft als Mini-Tänzer und Varieté-Attraktion vorbereitet. Für Menschen wie ihn war das die glücklichere Karriereoption. Wer kein Talent fürs feinere Showgeschäft hatte, rumpelte mit ärmlichen Zirkustruppen durch die finsterste Provinz und wurde im Freakshow-Zelt ausgestellt, damit die Bauernburschen und die Ladenschwengel des Dorfkrämers jemanden zu verhöhnen hatten.

Aber als Maren sich seinen Platz im Varieté erkämpfen wollte, brach dieser Bereich gerade zusammen. Die alte Live-Unterhaltung konnte der Konkurrenz des in voller Blüte stehenden Kinos nicht standhalten. Dass das Hollywood-Studio MGM auf einen Schlag 124 kleinwüchsige Darsteller für „The Wizard of Oz“ heuerte, brach da wie Regen über die Wüste herein. Viele der Geheuerten kamen über den aus Österreich stammenden Impresario Leo Singer zu MGM, der mit seiner „Zwergerl“-Truppe einst im Prater eine Liliputanerstadt bestückt hatte und seit 1914 mit einer halben Hundertschaft kleiner Künstler durch die USA tourte.

Die große Wende

Nun, kurz vor der Pleite, musste er plötzlich mit einer Anzeigenkampagne im ganzen Land weitere Kleinwüchsige zusammensuchen, um den Bedarf des Studios an „Munchkins“, an Zwergen fürs Zauberland zu decken. Hundert Dollar pro Kopf und Woche zahlte MGM an Singer, 50 gab der weiter. Nach dem Kinoerfolg von „The Wizard of Oz“ war auch das Varieté der kleinen Menschen wieder angesagt, Singers Truppe bekam als „most exciting Show on Earth“ Engagements.

Der 18-jährige Jerry Maren war schon damals ein gewiefter Profi, entging Singers Knebelvertrag und erhielt 75 Dollar pro Woche von MGM direkt. Maren schlüpfte danach nicht wie andere ins Affenkostüm, doch er blieb als Darsteller und Standdouble im Kino, im Fernsehen, in der Werbung einer der meistbeschäftigten Kleinwüchsigen. Wahre Fans allerdings habe ihm nur sein allererster Auftritt gebracht, in „The Wizard of Oz“, hat er selbst mit bittersüßer Ehrlichkeit eingestanden. Möge er ins Land hinter dem Regenbogen gegangen sein, von dem Judy Garland gesungen hat.