Fröhliche Runde, teil 4: Der Weindorftreff der Stuttgarten Nachrichten und SWR4 (im Uhrzeigersinn): die württembergische Weinprinzessin Laura Irouschek, Moderator Tom Hörner, Alphornspieler Anton Jillich, Comedin Özcan Cosar, Ulrike Groos, Direktorin des Kunstmuseums, Moderator Axel Graser Popsängrin Jenny Marsala. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Mehr Kultur geht nicht beim Weindorf-Treff von SWR 4 und den Stuttgarter Nachrichten. Schwere Kost? Von wegen. Man lernt sogar fürs Leben: Frauen lieben Gitarren – und Kühe das Alphorn.

Stuttgart - Das Weindorf brummt. Ein sonorer Ton wabert durch die VfB-Laube. Draußen drängen sich die Schaulustigen. „Es braucht ein präzises Schwingen der Lippen zum Erzeugen der Töne“, erklärt Anton Jillich und es klingt fast feierlich. Ein riesiges Alphorn nimmt den Gang zwischen den Tischen ein. Der Vollblut-Musiker und frühere Lehrer aus der Nähe von Heilbronn hat den Überraschungsmoment auf seiner Seite. Eben noch war das Instrument nicht zu sehen. Es handelt sich um ein 1,2 Kilo leichtes Teleskop-Modell aus Carbon. Es aufzubauen, „dauert keine 20 Sekunden“, sagt Jillich. Und die Gäste fordern eine Zugabe.

Jillich beherrscht ein halbes Dutzend Instrumente. Seit zwölf Jahren hat er sich mit seiner Gruppe Heuchelberger Alphornbrass besonders der alpenländischen Spezialität verschrieben. Und dabei herausgefunden, dass in manchem Vorurteil ein wahrer Kern steckt. In Südtirol hat er ausprobiert, ob Alphörner wirklich Lockrufe produzieren. „Nach einer Viertelstunde standen 20 Kühe da“, sagt er. Doch der Pädagoge hat auch eine ernste Botschaft: „Es ist unheimlich wichtig, Kinder früh an die Kunst heranzuführen. Egal an welche Form.“

Gitarren für die Damen

Da stimmen alle am Tisch zu. Kein Wunder, hat sich doch eine äußerst musikalische Runde versammelt. Özcan Cosar zum Beispiel verwendet auch gern Musik als Lockmittel. Allerdings nicht für Kühe. „Ich nehme auf die Bühne gerne eine Gitarre mit. Ich kann zwar nur drei Akkorde, aber Frauen lieben Männer, die Gitarre spielen“, sagt der Stuttgarter Comedian und setzt ein schelmisches Grinsen auf. Überhaupt arbeitet der Senkrechtstarter unter den Spaßmachern mit allen Tricks. Dazu gehört das ständige Wechseln zwischen Hochdeutsch, Schwäbisch und Migrantensprech genauso wie akrobatische Einlagen. Denn Cosar ist seit früher Jugend begnadeter Breakdancer. Doch nicht nur das. Wer ausgebildete Zahnarzthelferin ist – „das steht sogar auf meinem Brief, weil ich der einzige Junge war“ – und darüber hinaus als Sportlehrer, Zeitungsjunge, Kellner, Tanzlehrer und Schauspieler gearbeitet hat, der kennt das Leben.

Und das schreibt die witzigsten Programme. „Jeder ist ein Comedian, weil jeder eine lustige Geschichte hat, die er gerne erzählt. Bei mir dauert diese Geschichte halt zweieinhalb Stunden“, sagt er. So richtig fassen kann er seinen Erfolg dennoch nicht: „Früher in der Schule habe ich einen Eintrag bekommen, wenn ich geredet habe. Heute bekomme ich Geld dafür“, sagt er und grinst.

Ausgefeilte Gesangstechnik

Ungewöhnliche Wege hat auch die Karriere von Jenny Marsala genommen. Denn am Tisch sitzt eine multiple Persönlichkeit. Bekannt geworden ist sie mit dem Internet-Video „1 Girl, 13 Voices“, in dem sie Lieder von Lady Gaga, Shakira und anderen Weltstars täuschend echt singt. „Ich habe mich lange mit Gesangstechnik beschäftigt. Das hilft beim Imitieren“, erzählt sie. Dabei belässt sie es aber nicht. Sie ist als Popsängerin und studierte Jazzsängerin unterwegs. Und gibt in der Laube „99 Luftballons“ zum Besten. Nebenbei verrät sie, dass sie keinen Alkohol trinkt. „Da sehe ich jetzt lauter entsetzte Gesichter“, sagt sie und lacht. Doch die Mienen versteinern sich noch mehr, als Moderator Tom Hörner von den Stuttgarter Nachrichten „Schütt die Sorgen in ein Gläschen Wein“ anstimmt. SWR-4-Kollege Axel Graser hat den wohl bedeutend besseren Einfall: „Wir werden Jennys Manager.“

So jemanden braucht Ulrike Groos nicht. Die Direktorin des Kunstmuseums Stuttgart ist ihre eigene Chefin – und deshalb auch nicht überzeugt davon, dass eine Stelle am berühmten New Yorker Moma das Richtige wäre: „Hier bekomme ich Geld von der Stadt und kann entscheiden, was ich mache. In den USA gibt es keine Kulturförderung mehr. Da hängt man von reichen Leuten ab.“ Ob dort wohl eine Schau unter dem Titel „Ekstase“ möglich wäre wie am Schlossplatz? Und was sagen die Schwaben dazu? „Die rennen uns schon beim Begleitprogramm die Bude ein“, sagt Groos und lobt: „Kulturell gibt es ein unglaubliches Angebot für eine Stadt dieser Größe. Das kenne ich sonst nirgendwo.“

Vielfalt bereichert eben. Es muss ja nicht immer gleich ein Alphorn sein. Sonst kommen am Ende noch die Kühe aufs Weindorf.