Jenke von Wilmsdorff geht mit einer neuen Reportage-Reihe an den Start. Foto: ProSieben / Willi Weber

Journalist Jenke von Wilmsdorff beleuchtet in seiner neuen Reihe "Jenke. Report." die Cannabis-Legalisierung. Was er auf der Recherche in verschiedenen Ländern erlebt hat und warum er von Cannabis-Clubs nichts hält, verrät er im Interview.

Jenke von Wilmsdorff (57) beschäftigt sich in seiner neuen Reportage-Reihe mit einem heiß diskutierten Thema: In "Jenke. Report. Cannabis für alle: Gibt es ein Recht auf Rausch?" (Dienstag, 30. Mai, 20:15 Uhr auf ProSieben) führen ihn seine Recherchen zur Cannabis-Legalisierung nach Thailand, in die Niederlande und in die USA. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news berichtet der Journalist von seinen Erkenntnissen.

Welche Meinung hatten Sie vor Ihren Recherchen zur Cannabis-Legalisierung und welche danach?

Jenke von Wilmsdorff: Ich war und bin für die größtmögliche Selbstbestimmung des Einzelnen, solange er sein Umfeld durch sein Verhalten nicht schädigt.

"Cannabis für alle: Gibt es ein Recht auf Rausch?" - Welche Antwort haben Sie darauf für sich gefunden?

Von Wilmsdorff: Natürlich gibt es ein Recht auf Rausch. Die Menschheit war immer auf der Suche danach und es spricht auch nichts dagegen. In unserer Kultur spielte er eine so wesentliche Rolle, dass wir eigens ein positiv besetztes Wort für diesen Zustand geschaffen haben: berauscht.

Wie schwierig war es für Sie, dieses vieldiskutierte Thema anzugehen und alle Seiten zu beleuchten?

Von Wilmsdorff: Es war überhaupt nichts schwierig. Es ist ein heiß diskutiertes Thema der Zeit und wer sich intensiv mit ihm beschäftigt, möchte auch darüber sprechen. Doch im Gegensatz zu den USA, ist es bei uns sehr viel schwieriger, prominente Kollegen für ein Interview zu bekommen. Ihre Angst, sich öffentlich für oder gegen die Legalität zu äußern, scheint zu groß zu sein.

Sie sind in verschiedene Länder gereist, um sich dort ein Bild von der Legalisierung zu machen. Welche größten Erkenntnisse hatten Sie, welche Nachteile sind Ihnen begegnet, aber auch welche Best-Practice-Beispiele?

Von Wilmsdorff: Bedauerlicherweise hat mich die Umsetzung der Legalisierung in keinem der besuchten Länder zu 100 Prozent überzeugt. Mal fehlte es an Gesetzen, dann waren es wieder zu viele Gesetze. Das war sehr interessant und wertvoll zu erkennen. Der goldene Mittelweg könnte für uns die richtige Herangehensweise sein.

Sie haben mit Dealern, Ärzten und Cannabis-Opfern gesprochen. Welche unterschiedlichen Meinungen haben Sie gehört?

Von Wilmsdorff: Die reichten von "abhängig machendem Teufelszeug" bis hin zu "die wertvollste Pflanze, die wir auf Erden haben". Wer in der Legalisierung das große Geschäft erkennt, hat genau so überzeugende Argumente wie der Suchtexperte, der täglich mit Drogenabhängigen arbeitet. Es bleibt schwer, sich da seine eigene Meinung zu bilden. Was ich allerdings überhaupt nicht überzeugend finde ist, wie bayerische Politiker vor laufender Kamera mit einem Liter Bier in der Hand das größte Volksfest der Welt eröffnen, aber äußerst rigoros gegen die Legalisierung von Cannabis wettern. Das bleibt absurd.

Auf welche Grenzen/Hindernisse sind Sie bei den Recherchen gestoßen?

Von Wilmsdorff: Es gibt kaum Hindernisse, die sich nicht ausräumen lassen; das ist eine Frage der Recherche und der Vorgespräche, die man führt. Aktuelle Statistiken sind, wie leider so oft, ein großes Problem und man muss schon genau hinschauen, wessen Interessen dahinterstecken.

Sie sind für Ihre Experimente bekannt. Haben Sie für Ihre Recherchen selbst Erfahrung mit Cannabis gemacht?

Von Wilmsdorff: Ich hatte bereits im Jahr 2014 ein "Cannabis-Experiment" produziert. Schon damals diskutierten wir über eine Legalisierung in Deutschland. In meiner neuen Reportage-Reihe "Jenke. Report" sind Selbstversuche nicht geplant; die gibt es in den Experimenten. Aber ich hatte bei den Dreharbeiten auch mal einen Joint.

Was muss Ihrer Meinung nach die Grundlage sein, damit Cannabis-Legalisierung in Deutschland funktioniert?

Von Wilmsdorff: So, wie in einzelnen Staaten der USA, sollte es flächendeckend lizensierte Fachgeschäfte geben, in denen kontrolliertes Cannabis von geschultem Personal mit einwandfreiem Leumund an Erwachsene verkauft werden darf. Der Verkaufspreis darf nicht über dem des Schwarzmarkts liegen, was ständige Anpassungen erfordert. Aber vor allem müssen wir alles daransetzen, Kinder und Jugendliche so früh wie möglich über den Umgang mit Drogen aufzuklären. Das betrifft alle gängigen Substanzen. Ein paar Broschüren und ein Polizist oder eine Polizistin, die in Uniform die Klasse besucht, reicht da leider nicht. Eine Aufklärung wird teuer und Personal intensiv, aber ihr Wert für unsere Gesellschaft wird immens sein.

Ein freier Verkauf in speziellen Läden soll zunächst nicht geplant sein, stattdessen soll es Cannabis-Clubs mit strengen Regeln geben. Was halten Sie davon? Welche Regeln müssen noch gelten?

Von Wilmsdorff: Ich halte von den angedachten Cannabis Clubs in Deutschland überhaupt nichts. Das ist nicht durchdacht und wie bei den anderen Vorschlägen des Gesundheitsministers auch, reicht er die Verantwortung und Kontrolle einfach weiter an die Länder oder die Clubbetreiber. Seine Argumente sind oft fern von der Realität. Deswegen habe ich ihn auch gefragt: Wann habenSie zuletzt mit einem Kiffer von der Straße gesprochen?