Jenke von Wilmsdorff begab Foto: imago images/Future Image/Christoph Hardt

In seinem neuesten Selbstexperiment geht Jenke von Wilmsdorff der Frage „ Wie depressiv ist Deutschland?“ nach. Dafür begibt sich der Journalist in absolute Isolation – ohne zu wissen, wie lange der Versuch andauern wird.

Mit seinen Selbstexperimenten polarisiert Jenke von Wilmsdorff. So auch bei seiner neuesten Sendung zum Thema Psyche am Montagabend. „Psychische Probleme sind immer noch ein Tabuthema. Kaum jemand redet offen darüber. Ich will das ändern und werde meine Psyche unter Druck setzen“, kündigte der 56-Jährige an.

Gesagt, getan. Von Wilmsdorff zieht in eine 30 Quadratmeter große 1-Zimmer-Wohnung, ausgestattet mit zahlreichen Kameras. Sein eigenes Smartphone muss er zurücklassen, der 56-Jährige darf keinen Kontakt zur Außenwelt haben. Nur Filme und ein präpariertes Handy, auf dem zwei Social-Media-Plattformen abrufbar sind, stehen ihm für die Ablenkung zur Verfügung – neben Junkfood und Alkohol. „Fastfood erhöht für uns die Wahrscheinlichkeit, dass wir aggressiv sind, schlecht gelaunt, vergesslich. Und es kann sogar die Wahrscheinlichkeit für Depressionen deutlich erhöhen“, erklärt der Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl.

Das tückische an dem Versuch: Von Wilmsdorff weiß nicht, wann sein Team die Reißleine zieht, sprich wie lange das Experiment dauern wird, es sei denn er bricht es selbst ab. Begleitet wird das Experiment auch vom Psychologen Leon Windscheid.

Ohne Ablenkung nimmt das Grübeln überhand

Die ersten Tage meistert Jenke von Wilmsdorff dank Streaming und Tiktok ganz gut. Doch an Tag vier ist damit Schluss, sein Team kappt die Wlan-Verbindung. Stattdessen bekommt von Wilmsdorff nur noch negative Nachrichten in Form einer für ihn zusammengestellten Zeitung zugespielt. „Was vermisse ich am meisten? Den Kontakt zu den Menschen, die ich liebe“, resümiert von Wilmsdorff am nächsten Tag. Ohne die stundenlange Ablenkung vor den Bildschirmen gerät der Journalist ins Grübeln. Der Schlaf leidet, der Alkohol fließt aus Langeweile.

Von Wilmsdorff redet sich seine Gedanken von der Seele. Im Gespräch mit einer Psychologin sei ihm bewusste geworden, dass er eine sehr traurige und einsame Kindheit hatte. Seine Eltern ließen sich scheiden, als er drei Jahre alt war. Sein Vater habe sich zunächst nicht mehr bei der Familie gemeldet. Später habe er ihn noch sporadisch in einem Café getroffen. „Und dann saß ich da mit meinem Vater und wusste noch nicht einmal, wie ich ihn ansprechen sollte. Vater, Papi, Papa – kam mir nicht über die Lippen“, erzählt der 56-Jährige offen. Nach einer Stunde sei man wieder nach Hause gefahren, anschließend habe es wieder Wochen gedauert, bis sich der Besuch wiederholt habe.

An Tag 8 wird das Experiment beendet

Kurz nach diesen offenen Worten an Tag sieben beendet das Team das Experiment am achten Tag. An diesem ordnete Psychologe Leon Windscheid die Verfassung des Journalisten so ein: „Er hat alles im Griff, vor allem sich selber. Man merkt aber schon, dass es noch richtig bergabgehen wird.“ Wäre er noch länger dieser Situation ausgeliefert gewesen, hätte er „mit diesen krass negativen Gefühlen Schwierigkeiten bekommen“.

„Mein Ziel war niemals, mich psychisch ernsthaft zu gefährden oder das Thema Depression zu vereinfachen“, sagt Jenke von Wilmsdorff nach dem Experiment. Ob dieses Ziel bei den Zuschauerinnen und Zuschauern erreichen konnte? Gewiss nicht bei allen. Eine Twitternutzerin spricht bei der Durchführung von „blankem Hohn für alle wirklich Betroffenen“.

Andere warnen vor Pauschalisierungen und Ratschlägen.

Diese Zuschauerinnen versuchen, zu beschwichtigen.

„Das privateste Experiment, das ich je gemacht habe“, sagte von Wilmsdorff zu seiner neuesten Sendung. Damit sollte er recht behalten, die Kritik am Selbstexperiment ist aber wieder einmal berechtigt.

Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 und unter https://ts-im-internet.de/ erreichbar. Eine Liste mit Hilfsangeboten findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention: https://www.suizidprophylaxe.de/