Erfinder spektakulärer Baukörper wie dem Torre Agbar in Barcelona: der Architekt Jean Nouvel. Weitere seiner Bauten finden Sie in unserer Bildergalerie. Foto: imago stock&people

Der Architekt Jean Nouvel hat weltweit mehr als 200 Bauwerke geschaffen. Seine spektakulären Entwürfe für die Wüstenstaaten am Persischen Golf brachten ihm auch Kritik ein. An diesem Mittwoch feiert er seinen 75. Geburtstag.

Paris - Ein Stahldach aus 8000 Sternen, das einen Lichtregen erzeugt. Hunderte von Glasblenden, die sich je nach Sonneneinstrahlung öffnen und schließen. Mit dem Kunstmuseum Louvre Abu Dhabi und dem Institut du Monde arabe (Institut der arabischen Welt) in Paris hat Jean Nouvel zwei seiner bedeutendsten Bauten entworfen. Das 2017 eröffnete Museum in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate nennt er sein Meisterwerk; mit der Kultureinrichtung in Frankreichs Metropole hatte der Architekt 1987 seinen Durchbruch geschafft. An diesem Mittwoch wird Nouvel 75 Jahre alt.

Die Liste seiner Werke ist lang: Die Oper von Lyon und die Galeries Lafayette in Berlin zählen ebenso dazu wie das Museum Quai Branly, die Philharmonie und die Fondation Cartier in Paris, das Nationalmuseum in Katar oder Hochhäuser und Wolkenkratzer in Japan und Spanien. 

Sie haben seinen Status als berühmtester französischer Architekt zementiert. Zu seinen zahlreichen Auszeichnungen zählt der Pritzker-Preis, die weltweit höchste Ehrung für Architektur. Die Jury würdigte ihn 2008 für seine Herangehensweisen an aktuelle architektonische Herausforderungen, seine Vorstellungskraft und seinen unersättlichen Wunsch nach Experimenten. 

Für Nouvel muss die Architektur Emotionen hervorrufen. „Architektur ist Kunst und unterscheidet sich von der Konstruktion. Kunst gibt dem Leben Tiefgang, erzeugt Emotionen und verschönert das Leben“, sagte er 2017. Dass manche behaupten, er habe keinen Stil, stört ihn nur wenig. Denn für ihn ist Stil keine Wiederholung eines formalen Vokabulars. Sein Markenzeichen sei die Kontextualisierung seiner Projekte, sagte er der Zeitschrift „Grazia“. Und der wichtigste Kontext sei die Zeit, in der man lebe.

Baumeister der Scheichs

Nouvel wurde am 12. August 1945 als Sohn eines Lehrerehepaars geboren. Eigentlich wollte er Maler werden, doch seinen Eltern zuliebe studierte er ab 1964 Architektur in Bordeaux und Paris. Noch vor Ende seines Studiums im Jahr 1972 gehörte er zu den Mitbegründern eines Architektenbüros. Er setzte sich aktiv für eine Erneuerung der Architektur in Frankreich ein und wirkte bei der Entstehung der Architekturbewegung „Mars 1976“ und „Syndicat de l’Architecture“ mit. Im Jahr 1994 gründete er die „Ateliers Jean Nouvel“ mit über 100 Mitarbeitern und mehreren Zweigstellen. 

Als Architekt ist Nouvel nicht ganz unumstritten. Seine Projekte überschreiten gelegentlich die Budgetgrenzen weit. Mit den Betreibern der 2015 eröffneten Pariser Philharmonie liegt er deshalb seit Jahren im Clinch. Das rund 23 000 Quadratmeter große futuristische Konzerthaus soll statt 173 Millionen Euro über 380 Millionen gekostet haben, weshalb von ihm Schadenersatz in Millionenhöhe gefordert wurde. 

In die Kritik geriet Nouvel auch wegen seiner spektakulären Bauten für die Scheichs. Doch damit hat der Star keine Probleme. „Die Golfstaaten befinden sich in einer Art goldenem Zeitalter. Mit ihren Mitteln lassen sie dementsprechend bauen“, sagte er in einem Interview. Das sei schon immer so gewesen. Und er meinte: „In der Antike haben sich die Reichen bedeutende Grabanlagen bauen lassen, Prinzen und Könige die größten Schlösser.“