Man könnte ihm stundenlang zuhören: Jason Moran Foto: Peter Steinheißer

Die Konzerte im Jazzclub Bix bieten bei den Jazz Open immer wieder Festival-Höhepunkte. Der US-Pianist Jason Moran setzte einen gleich zum Auftakt – auch wenn er gegen seine Rhythmusgruppe anspielen musste.

Stuttgart - Ein einziger kreativer Fluss ist die Darbietung des US-Pianisten Jason Moran am Donnerstagabend im Bix – eine lyrische Reise durch die Musikgeschichte, die enge Songstrukturen nicht braucht und anmutet, als würde sie im Moment entstehen. Die ganze afroamerikanische Musiktradition schwingt in Morans Stücken mit, Gospel, Blues, Swing und Bebop verschmelzen zu einem komplexen, Gegenwartsjazz, in dem immer wieder auch europäische Einflüsse durchklingen, Debussy etwa oder Bartok.

Moran hält am Eröffnungsabend des Festivals Jazz Open durchweg eine dramatische Spannung, er erzählt vom Leben, von den Menschen, von der Musik. Wenn er blaue Stunden heraufbeschwört, kann man sich ausmalen, wie passend dazu Humphrey Bogart und Lauren Bacall an der Bar auftauchen könnten, um sich Whisky zu bestellen. Man könnte diesem Pianisten stundenlang zuhören, er würde sich wohl nie wiederholen, sondern immer neue impressionistische Wendungen und Einfälle hervorzaubern.

Eigentlich möchte man nur dieses Piano hören

Wäre da bloß nicht seine sehr agile Rhythmusgruppe, die viel dafür tut, ihn zu übertönen und zu überspielen. Der umtriebige Bassist Taurus Mateen an einer elektrischen Kontrabass-Miniatur versucht mit wolkigem Gummisound, möglichst viele Töne unterzubringen, der fürchterlich laute Drummer Nasheet Waits mit seiner knalligen Snare wummert und hämmert gerne mal minutenlang, was das Material hergibt, anstatt zu begleiten. Er ist technisch versiert, offenbart aber einen Mangel an Gefühl fürs Gebotene.

Eigentlich möchte man nur dieses wunderbare Piano hören, und einige balladeske Passagen und furiose Klangkaskaden später steht fest: Jason Moran geht an diesem Abend trotz allem als klarer Sieger vom Platz. Vor einem Jahr schon war er zu Gast bei den Jazz Open, damals in der Domkirche St. Eberhard in der Königstraße zum Auftakt einer neuen Reihe – deren Entstehungsgeschichte originell genug ist, um sie ein weiteres Mal zu erzählen. 2016 beschwerte sich der Stadtdekan Christian Hermes beim Festivalleiter Jürgen Schlensog über die Lautstärke beim Auftritt des Pink Floyd- Gitarristen David Gilmour auf dem Schlossplatz. Schlensog besuchte Hermes, und am Ende des Gesprächs war die Domkirche ein neuer Jazz Open-Spielort. Den Geist der Freiheit beschworen Moran und seine Frau Alicia, eine Mezzosopranistin, beim ersten Nachmittagskonzert 2017. In diesem Jahr nun ist der Stuttgart Jazz-Grandseigneur Wolfgang Dauner an der Reihe, er spielt am kommenden Freitag, den 20.7., um 17 Uhr.

Das Festival möchte möglichst viele Konzerte live streamen

Erstmals experimentieren die Jazz Open in diesem Jahr mit einem Live-Stream im Netz. „Wir haben drei Roboterkameras, die sonst beim Sport eingesetzt werden und automatisch erkennen, wo gerade die größte Aktivität ist“, sagt Bix-Geschäftsführer Mini Schulz. „Der Aufwand ist groß und technische Probleme sind nicht auszuschließen, aber unser Ziel ist es, möglichst viele Konzerte im Netz zu zeigen. Allerdings müssen wir eine Auswahl treffen, weil wir nur einen Stream haben und viele Konzerte parallel laufen.“ So können sich all diejenigen, die keine Karten bekommen haben, doch noch Hoffnungen machen – wenn sie Glück haben, können sie unter jazzopen.com doch noch dabeisein.