Sehr begehrt in Tokio: Sonderausgabe zum Ausgang der US-Wahl Foto: EPA

Die USA sind tragende Säule für die Sicherheitsarchitektur der Welt. Kaum ein Land ist sicherheitspolitisch so sehr mit den USA verwoben wie Japan. Donald Trump hatte angekündigt das zu ändern. Der Analyst Shingo Yamagami mahnt dennoch zur Ruhe.

Tokio - Die USA sind tragende Säule für die Sicherheitsarchitektur der Welt. Im Pazifik gilt das besonders. Kaum ein Land ist sicherheitspolitisch so sehr mit den USA verwoben wie Japan. Donald Trump hatte angekündigt das zu ändern. Der Analyst Shingo Yamagami mahnt zur Ruhe: eine ähnliche Situation habe es schon mal gegeben.

Herr Yamagami, waren Sie oder Ihr Institut auf dieses Ergebnis vorbereitet?
Ganz ehrlich, das ist eine Überraschung. Nicht nur für uns, sondern sicher auch für die meisten Amerikaner. Um die Situation stabil zu halten kommt es jetzt auf unsere gemeinsamen Bemühungen an. Damit meine ich die Bemühungen der amerikanischen Freunde und von uns Japanern. Donald Trump hat sich im Wahlkampf nicht gerade japanfreundlich verhalten. Er spielt mit dem Gedanken, die US-Truppen abzuziehen.
Gerät die Region in Gefahr?
Wir erinnern uns an den ehemaligen Präsidenten Jimmy Carter. Der hatte immer erklärt, er wolle keine US-Truppen auf der koreanischen Halbinsel. Aber was ist passiert, als er im Amt war? Es gibt immer einen Unterschied zwischen der Wahlkampfrhetorik und dem, was ein Präsident macht, wenn er im Amt ist.
Gilt das auch für Donald Trump?
Er hat bisher vieles von dem auf den Kopf gestellt, was bisher als allgemeingültig galt. Ich bin sicher, dass dieser Herr viel lernen wird, wenn er erst einmal ins Amt eingeführt worden ist. Er wird viele Experten hören und auch mit seinen Kollegen in anderen Ländern reden. Da kommt es dann wieder auf die gemeinsamen Bemühungen an, um ihm die Bedeutung der Allianz zu erklären. Schließlich sind die US-Truppen nicht nur im Pazifik um Japan zu schützen, sondern die USA selbst. Das wird er verstehen.
Das klingt sehr nach „die Hoffnung stirbt zuletzt“?
Das Leben geht weiter, wir müssen einfach das beste daraus machen. In den 1980ern gab es aus Amerika auch große Kritik an Japan, aber die Zeiten haben sich geändert. Wir müssen abwarten und ihn aufklären - und dürfen nicht die Hoffnung verlieren.
Erwarten Sie dramatische Änderungen in der Region?
Es wird sicher Änderungen geben. Aber wir dürfen nicht vergessen dass Amerika gerade in der Außenpolitik ein roßes Maß an Kontinuität bewiesen hat - unabhängig davon, ob Demokraten oder Republikaner ins Weiße Haus eingezogen sind. So war das zumindest bisher. Gerade Trump hat vieles anders gemacht.... Meine Lieblinsserie im Fernsehen heißt „yes, prime Minister“. Darin kommt gut zum Ausdruck: Wer immer Premierminister ist, das System bleibt das Gleiche.
Wenn nun Ihr Premierminister Abe um Rat fragt, was zu tun ist, was raten Sie ihm?

Oh er wird das besser als ich wissen. Er wird eine Arbeitsbeziehung zum neuen Präsidenten aufbauen, so wie das auch andere Verbündete machen werden, so wie Deutschland.

Das Gespräch führte Christian Gottschalk

Zur Person: Shingo Yamagami ist Generaldirektor des Japan Institute of international Affairs. Der Experte für US-Politik hat in New York studiert und einige Zeit in der japanischen Botschaft in Washington gearbeitet. Das Japan Institute of international Affairs ist ein privater Think Tank und wird im Ranking der Denkfabriken als Nummer eins in ganz Asien geführt.

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.us-wahlkampf-noch-ist-trumps-siegeszug- nicht-gestoppt.20d5e73b-95db-43ea-b893-534f4218beae.html