Angela Merkel bei ihrem Staatsbesuch in Japan. Foto: XINHUA POOL

Bei ihrem Japan-Besuch spricht die Kanzlerin Themen an, die in Deutschland besonderes Gewicht haben: Atomausstieg und Aussöhnung ehemaliger Gegner des Zweiten Weltkrieges. Ob sie Gastgeber Shinzo Abe überzeugen konnte? Eher nicht.

Tokio - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in Japan für eine Abkehr von der Atomenergie sowie eine Aussöhnung früherer Gegner des Zweiten Weltkrieges in Asien geworben. Bei beiden Themen ist ihr Gastgeber, Ministerpräsident Shinzo Abe, anderer Meinung. Merkel hob am Montag in Tokio die Gefahren der Kernkraft hervor: „Es können die unwahrscheinlichsten Risiken auftreten.“

An diesem Mittwoch (11. März) jährt sich die Atomkatastrophe von Fukushima zum vierten Mal. Sie wurde durch ein Erdbeben und einen Tsunami ausgelöst.

Trotz der Katastrophe und ihrer langfristigen Folgen setzt Abe weiter auf die Kernkraft. Und in der Debatte um japanische Kriegsschuld ist Abe für seine revisionistischen Ansichten bekannt. Sollte er aus Anlass des 70. Jahrestages der japanischen Niederlage frühere Entschuldigungen für Japans Aggressionen aufweichen, dürften sich die Spannungen insbesondere mit China und Südkorea weiter verschärfen, warnen Kritiker.

In einer Diskussion mit Professoren und Studenten machte Merkel deutlich, dass der Super-GAU gerade in einem Hochtechnologieland wie Japan für sie der Grund zur politischen Umkehr war: „Deshalb habe ich zusammen mit anderen (...) diese Entscheidung getroffen, dass das letzte Kernkraftwerk im Jahr 2022 vom Netz geht.“

Abe antwortete später bei einer gemeinsamen Pressekonferenz auf die Frage, warum er gegen den Willen der Bevölkerung Reaktoren wieder anfahren wolle: Leider könne Japan seinen Energiebedarf noch nicht mit erneuerbaren Energien decken. Das Land sei bei der Energieversorgung noch zu sehr auf Atomkraft angewiesen. Die Sicherheit der Meiler sei geprüft worden.

Als ein wesentliches Ziel der Energiepolitik nannte Merkel die Steigerung der Energieeffizienz etwa durch Wärmedämmung: „Wir können vieles voneinander lernen.“ Deutschland und Japan könnten ihre Zusammenarbeit hier enger gestalten. Sie selbst habe lange an der Atomkraft festgehalten. In den Augen vieler Politiker zu lange.

Zum Thema Vergangenheitsbewältigung und Aussöhnung verwies Merkel auf Erfahrungen Deutschlands. Sie ermutigte Japan und China, gemeinsam die Last des Zweiten Weltkrieges zu überwinden. Am Beispiel Deutschlands und Frankreichs schilderte sie, wie sich zwei ehemalige Erzfeinde versöhnt haben. Dazu gehörte für Deutschland, seine Kriegsschuld anzuerkennen, und für Frankreich die Bereitschaft, die Hand zu reichen. „Die Aufarbeitung der Vergangenheit ist Teil der Voraussetzung, Versöhnung schaffen zu können“, sagte sie nach einem Gespräch mit Abe. „Deutschland hatte das große Glück, dass wir wieder aufgenommen wurden in die Gemeinschaft der Völker.“

China hatte Japan erst am Vortag erneut aufgefordert, sich ehrlich seiner Kriegsvergangenheit zu stellen. „Vor 70 Jahren hat Japan den Krieg verloren. 70 Jahre später sollte es nicht sein Gewissen verlieren“, sagte der chinesische Außenminister Wang Yi.