Momentaufnahme aus guten Tagen: Die französische Sängerin und Schauspielerin Jane Birkin mit Serge Gainsbourg im Jahr 1974 Foto: dpa

Das Stöhn-Lied „Je t’aime“ machte Jane Birkin Ende der 1960er Jahre berühmt, mit Filmen wie „Der Swimmingpool“ wurde sie zum Sexsymbol. Doch der britischen Sängerin und Schauspielerin, die seit vielen Jahren in Frankreich in der Bretagne lebt, ist das Schicksal nicht mehr so hold. Ihre Tochter hat sich aus dem Fenster gestürzt, sie selbst ist krank.

Paris - Turnschuhe und weiße Hemden trägt Jane Birkin noch immer. Auch ihr Lächeln erinnert noch an das von früher. Dennoch ist die britische Sängerin und Schauspielerin nicht mehr jene Birkin, die die Öffentlichkeit seit über 40 Jahren kennt. Auf den wenigen Fotos, die in den vergangenen Monaten von der gebürtigen Londonerin und Wahlfranzösin in den Medien zu sehen waren, ist sie bei weitem nicht mehr knabenhaft dünn. Krankheit und Trauer um den Tod ihrer Tochter, die vor drei Jahren aus dem Fenster stürzte, haben tiefe Spuren hinterlassen. Jane Birkin sei nicht wiederzuerkennen, beunruhigten sich Medienvertreter in Cannes im vergangenen Mai.

„La Birkin“, wie die Franzosen ihre Lieblingsengländerin nennen, wird an diesem Mittwoch (14. Dezember) 70 Jahre alt. Ein Geburtstag, für den man ihr Mut und Zuversicht wünscht. Im Jahr 2013 hat sie ihre Tochter Kate aus der Beziehung mit dem Komponisten John Barry verloren. Die 46-jährige Fotografin war am 11. Dezember aus dem Fenster ihrer Pariser Wohnung im 4. Stock gestürzt. In der Wohnung der Frau fand die Polizei Antidepressiva. Den Tod ihrer Tochter konnte Jane Birkin nur schwer überwinden. Sie habe sich danach völlig zurückgezogen und ein Jahr lang das Haus kaum verlassen, wie sie dem französischen Radiosender RTL gestand.

Doch ihre Auftritte in der Öffentlichkeit wurden schon ab 2012 immer seltener. Nach mehreren Konzertabsagen gestand sie Frankreichs Medien, dass sie an einer Autoimmunkrankheit leide. Man gehe wegen einer Herzbeutelentzündung ins Krankenhaus, dann wegen eines Lungenödems, und danach würden die Blutkörperchen verrückt spielen, zitiert sie die französische Wochenzeitung „Gala“. Doch Jane Birkin trägt ihr Schicksal mit Humor. Sie amüsiere sich in Krankenhäusern, mit den Krankenschwestern und den Ärzten, von denen einer attraktiver sei als der andere. Bei einer Autoimmunkrankheit greift das körpereigene Abwehrsystem die eigene Struktur an Zellen und Gewebe an.

Der gesungene Orgasmus kam auf den Index

Jane Birkin lässt sich nur noch auf den wichtigsten Events sehen. So wie dieses Jahr auf den Filmfestivals im südfranzösischen Cannes und in Locarno in der Schweiz, wo sie mit einem „Pardo alla carriera“, einem „Leoparden für ihre Karriere“, ausgezeichnet wurde. Jane Birkin sei nicht wiederzuerkennen, schrieben die Medien.

Über 40 Filme hat sie gedreht, darunter den Erotikfilm „Egon Schiele - Exzesse“ aus dem Jahr 1981. Ihren Durchbruch schaffte sie mit „Blow up“, in dem sie ein Fotomodel spielt - nur bekleidet mit Kniestrümpfen. Der Film von Michelangelo Antonioni wurde in Cannes 1967 mit der Goldenen Palme ausgezeichnet. Ein Jahr später erschien der Erotik-Thriller „Der Swimmingpool“, in dem sie an der Seite von Romy Schneider und Alain Delon spielt.

Birkin war das Sex-Symbol der 60er und 70er Jahre. Über diese Zeit sagte sie Jahrzehnte später, dass sie sich mit diesem Image gar nicht identifizieren konnte. „Andererseits mochten mich die Leute ja, ich war ja nie so eine gefährliche Frau wie die Bardot, ich war nicht perfekt, und ich blieb bei meinem Mann. Ich war kein Risiko. Die Bardot schon, sie nahm sich die Männer anderer Frauen“, sagte sie in einem Gespräch mit der „Zeit“.

Sie war Anfang 20, als sie zusammen mit Serge Gainsbourg „Je t’aime, moi non plus.“ ins Mikrofon stöhnte. Der gesungene Orgasmus wurde wie erwartet zum Skandal. Er empörte und wurde in vielen Ländern verboten. Doch die verführerische Frau mit der Zahnlücke und dem englischen Akzent machte das Schmuddellied 1969 über Nacht zum Star - und die beide zu einem Paar. Zusammen feierten sie einige ihrer größten Erfolge, darunter „La danseuse“, ein weiteres erotisches Lied, und „Melody Nelson“. Im Jahr 1971 kam ihr gemeinsame Tochter Charlotte Gainsbourg auf die Welt.

Im September 1980 setzte Birkin der Liaison ein Ende. Sie war der Eskapaden des Frauenhelds und Alkoholikers müde. Trotz der Trennung sangen beide gemeinsam weiter. Er sei ein ganzes Leben für sie gewesen und werde es auch bleiben, sagte sie später. Als der Franzose im März 1991 starb, nannte Frankreichs Presse Birkin die „Witwe Gainsbourg“.

Birkin hat zahlreiche Alben veröffentlicht, auf denen sie mit bekannten Musikern wie Manu Chao, Bryan Ferry und Beth Gibbons zusammenarbeitet. Auf der Leinwand wird sie wohl nicht mehr zu sehen sein. Sie glaube nicht, dass sie noch weitere Filme drehen werde, wie sie auf dem Filmfestival in Locarno dem „Münchner Merkur“ sagte. Der Grund: Ihr gefalle ihr Gesicht nicht mehr.