James Blunt bei seinem Open-Air-Konzert in Ludwigsburg Foto: factum/Bach

Der britische Sänger ist im Ludwigsburger Residenzschloss aufgetreten: Seinen 6500 Fans zeigt sich James Blunt als Songwriter im Partymodus.

Stuttgart - Quasi mit Rückfahrkarte in der Tasche startete James Blunt vergangenen Oktober in der Stuttgarter Schleyerhalle seine aktuelle Welttournee, Zehn Monate später steht der Songwriter nun wieder im Schwabenland auf der Bühne, diesmal im Ludwigsburg. Was seither geschah? Von Auftritten in den USA, in China, Australien und Neuseeland, teils im Vorprogramm von Ed Sheeran, berichtet der Songwriter aus Südengland bei seinem Gastspiels im Residenzschloss – „aber ehrlich: Das war alles nur eine Vorbereitung für unser Konzert hier bei euch“.

Deutlicher als dass auch der britische Humor mitunter lauwarm badet, zeigt dieser Joke aber etwas anderes: James Blunt streicht seinen Fans durchaus gerne um den Bart. Immer wieder inszeniert sich Blunt am Sonntagabend explizit auch als Entertainer und Publikumsanimateur: hier ein drolliges Bonmot über sein Verhältnis zu Sheeran („tagsüber habe ich ihm das Skifahren beigebracht, nachts hat er mir das Komponieren von Liebeslieder gezeigt“), dort seine über weite Strecken des neunzigminütigen Konzerts fast etwas überdrehte Körpersprache.

Dass der ehemalige KFOR-Soldat aus Wiltshire, der 2005 mit eher nachdenklichen, leisen Tönen in seine Karriere startete, auf eine immer hysterischere Welt mit einigen musikalisch hübsch unaufgeregten Gegenentwürfen antwortete, scheint abgehakt. Inzwischen gehören auch Dancefloor-orientierte Töne wie das mit dem deutschen DJ und Produzenten Robin Schulz eingespielte „OK“ zu Blunts Klangfarbenpalette. Als letzten Titel vor dem Zugabenblock inszeniert er diesen etwas plump um einen Coldplay-artigen „hohoho“-Chorus herumkomponierten Partypopsong mit einer „alle mal bitte hinsetzen“-Einlage, bittet die 6500 Fans im gut besuchten Schlosshof auf ihren Hosenboden – wohl darum wissend, den Euphoriefaktor mittels einer solchen Choreografie umso stärker wieder nach oben pegeln zu können.

Zwischen Kreischalarm und andächtiger Mitsing-Atmosphäre

Sehr effektbetont agiert der einst eher zurückhaltende Songwriter also mittlerweile, und im Zwiespalt zwischen leisen und extrovertierten Tönen entscheidet sich Blunt inzwischen lieber für eine Rolle als Gute-Laune-Onkel. Dass er manchen seiner Songs damit etwas banalisiert, dass der Inhalt seiner mitunter durchaus politischen Texte auf der Strecke bleibt, wird als Kollateralschaden billigend in Kauf genommen.

Zu „Someone singing alone“, einem nachdenklichen Plädoyer für Toleranz und Humanismus, läuft eine Bestandsaufnahme des syrischen Bürgerkrieg über die Videoscreens; das apokalyptische Szenario bleibt nur eine Begleiterscheinung im barocken Residenzschloss-Ambiente. Doch das Konzept einer großzügig portionierten Fröhlichkeit geht prächtig auf. Ob mit Gitarre, am Piano oder mit ein paar Banjozupfern im Stil von Jack Johnson: Von „Wisemen“ über „Postcards“ und „Goodbye my Lover“ bis zu „You’re beautiful“, einer Art „Lady in Red“ der Nullerjahre, sorgt Blunt für eine beschwingte Stimmung, Kreischalarm mischt sich mit andächtiger Mitsing-Atmosphäre.

Eine vierköpfige Band begleitet mit moderater Dynamik; erst im Mitteldrittel mit einem Schuss psychedelischem Orgel-Rock oder in „1973“ darf sie zeigen, dass sie auch Druck machen kann und hübsches Westcoast-Flair beherrscht. Das hymnische „Bonfire Heart“ beendet danach als letzter von achtzehn Songs einen kurzweiligen, wenn auch etwas über Gebühr leichtgewichtigen Abend.