Sieht cool aus, ist aber hochempfindlich – zumindest in seinen Liedern: James Blake Foto: Universal

James Blake, der empfindsamste aller Songwriter Großbritanniens, veröffentlicht ein neues, betörend-eindringliches Album namens „Friends that break your Heart“. Und er gibt sich nebenbei die Schuld für den Social-Media-Blackout vor wenigen Tagen.

Stuttgart - Als es vor ein paar Tagen so aussah, als würde die Social-Media-Welt untergehen, war es kein anderer als James Blake, der alle Schuld auf sich nahm: „Ich glaube, das letzte Foto, das ich gepostet habe, hat Instagram kaputt gemacht. Ich sollte vorsichtiger sein“, twitterte er am Montag, als gerade für Stunden, Facebook, Whatsapp und Instagram nicht erreichbar waren.

Die Last der Welt auf seinen Schultern

Natürlich war der Brite nicht schuld. Doch diese Art von Humor dürfte den einen oder anderen überrascht haben, weil sich in James Blakes Liedern zwar immer wieder unfassbar große, emotional aufgeladene Welten auftun, es dort für Witze aber eigentlich nie Platz gibt. Die reumütige Pose ist seinen Hörern dagegen bestens vertraut. Blakes Lieder klingen immer ein wenig so, als ob er die Last der ganzen Welt auf seinen Schultern tragen müsste. Das gilt auch für sein neues Album „Friends that break your Heart“, das an diesem Freitag erscheint: eine grandiose innig-intime Liedersammlung zwischen Dubstep, Kammerpop, Kunstlied und Neosoul.

In seinen Songs gibt er sich aber normalerweise nicht die Schuld am Blackout von Internetplattformen, sondern leidet am Scheitern der Liebe in allen Variationen. So auch in der hochempfindlichen, soulig eingefärbten Nummer „Famous last Words“, die Blakes neues Album eröffnet: Zwischen einem traurig-schönen Synthesizermotiv, das von links nach rechts oszilliert, und einem schrillen Streichquartett besingt er betörend schön das Ende einer toxischen Beziehung. Und obwohl der Mann, der da sein Herz ausschüttet, weiß, dass er ausgenutzt wurde, gibt er doch sich selbst die Schuld an allem, „I truely lost you this time“, klagt er, übersetzt seine Zerrissenheit in einen zaudernden Beat und nimmt vor der traurigen Wirklichkeit immer wieder Reißaus ins Gospelhafte und in Doo-Wop-Harmonien.

Auch Stücke wie „Life is not the same“, „Show me“, „Funerelle“ oder der Titelsong „Friends that break your Heart“ sind erschütternde, unerhört stille Klagelieder, wie sie nur James Blake hinbekommt. Und wie schon auf den Vorgängeralben geht es auch diesmal meistens nicht um das, was in den Songs passiert, sondern um das, was nicht in ihnen passiert. Die Lücken und Leerstellen, die sich zwischen den Klavierakkorden, den Gesangsschnörkeln, dem Bassbrummen und dem Knistern und Rauschen der Beats auftun, machen die Schönheit dieser Liedkunst aus, die in ihrer Intensität ziemlich einmalig ist im Popgeschäft.

Meister der Auslassungen

Allerdings ruht sich James Blake auf „Friends that break your Heart“ nicht darauf aus, der Meister der eindringlichen Nachtmusik, der Auslassungen und Andeutungen, der stille Nerd des Pop zu sein. Stattdessen setzt er mehr als auf allen bisherigen Alben auf die Auseinandersetzung mit anderen Musikern, ergänzt sich etwa in der R-’n’-B-Nummer „Coming back“ wunderbar mit der Sängerin SZA, beschert dem Rapper JID in „Frozen“ einen großartigen Auftritt – und im Video zu „Say what you will“ ist Billie Eilishs Bruder und Produzent Finneas der Superstar – und James Blake beweist einmal mehr, dass er abseits seiner traurig-romantischen Lieder einen herrlich schrulligen Humor hat.  

James Blake: Friends that break your Heart. Universal. Am 7. Mai 2022 gibt Blake in Berlin in der Verti Music Hall sein einziges Deutschlandkonzert.