Pädagogisch wertvolle Schule in problematischem Umfeld: die Jakobschule Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Drogen-Sorgen im Umfeld von Stuttgarts ältester Grundschule in der City: Im Fall der Jakobschule muss die Stadt unverzüglich handeln, kommentiert Lokalchef Jan Sellner.

Stuttgart - September 2017: Stuttgart sammelt. Unterschiedliche Dinge. Die einen sammeln Stuttgart-Sammelbildchen. Mit Begeisterung. Andere sammeln Kastanien. Fleißig, wie jedes Jahr. Wieder andere sammeln Treuepunkte jeder Art. Routinemäßig. Und dann sind da noch die Eltern, die rund um die Jakobschule in Stuttgart-Mitte weggeworfene Spitzen von Junkies einsammeln . . . mit wachsender Empörung. Verständlicherweise.

In nur einer Woche haben sie im Umfeld der ältesten Grundschule in der Stuttgarter City 40 Spritzen entdeckt. Zwei weitere auf dem Schulgelände. Ein trauriger Rekord. Mit dem Wort Skandal sollte man zurückhaltend umgehen. Aber dieser Vorgang hat das Zeug dazu. Er gipfelte in der vergangenen Woche darin, dass die zuständige Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle im Bezirksbeirat erklärte: „Wenn wir die Sicherheit auf dem Schulhof nicht herstellen können, müssen wir die Schule schließen.“ Ein einmaliger Vorgang.

Die Gefahr der Gesundheitsgefährdung scheint real

Ungenügend ist die Reaktion der Beteiligten – Stadt, Suchthilfeträger, Abfallwirtschaft, Polizei – auf den Missstand. Aufgrund ihrer Lage am Rande des Leonhardsviertels und der räumlichen Nähe zu Anlaufstellen für Süchtige befindet sich die Jakobschule in Nachbarschaft mit der unheilen Welt Stuttgarts. Das darf keinesfalls zu einer Gesundheitsgefährdung der Schüler führen. Die Gefahr scheint jedoch real, wie die dutzendfachen Spritzenfunde auf dem Schulweg zeigen. So gut die Hilfsangebote für Süchtige in Stuttgart sind, so positiv das Angebot der Suchthilfeträger zu sehen ist, Abhängigen sauberes Drogenbesteck zur Verfügung zu stellen, so klar muss sein, dass keine negativen Effekte wie die Vermüllung bestimmter Gegenden mit gebrauchten Spritzen auftreten dürfen.

Bereits vor Monaten hat unsere Zeitung auf dieses Problem aufmerksam gemacht. Das Problem ist den Verantwortlichen auch von anderer Seite bekannt. Geschehen ist nichts oder jedenfalls viel zu wenig. Ein runder Tisch mit Elternvertretern im Juli endete mit Absichtserklärungen. Von allen Seiten wurde auf Personalknappheit verwiesen. Auch jetzt noch. Tatsache ist: Der Missstand rund um die Schule hat sich zuletzt weiter verschärft – nun auch mit üblen politischen Folgen. Die AfD versucht, daraus ein schmutziges Süppchen zu kochen. Sie höhnt: „Herr Kretschmann, auf der Jakobschule sind noch Plätze für Ihre eigenen Enkel frei!“

Der pädagogische Ruf der Schule ist ausgezeichnet

Wer so spricht, verkennt die Zuständigkeiten und ignoriert auf unverantwortliche Weise die gute Arbeit, die in der Jakobschule geleistet wird. Ihr pädagogischer Ruf ist ausgezeichnet. Was die Schule in Misskredit bringt, sind Dinge, die sich außerhalb ihres Einflussbereichs ereignen. Darauf müssen Stadt, Suchthilfeträger und Polizei jetzt unverzüglich reagieren. Das heißt: regelmäßiges Reinigen der Schulwege und stärkere polizeiliche Präsenz in der Umgebung, wie von den Eltern gefordert. Außerdem ein eigener Hausmeister. Die bisherige Regelung – ein Hausmeister für drei Schulen – ist in dieser Situation nicht akzeptabel. Ebenso wenig übrigens wie die Schlussfolgerung der Bezirksvorsteherin: Wer von einer Schulschließung redet, kapituliert vor dem Problem. Das ist keine Lösung.

Die Lösung ist: die Jakobschule stärken und sich intensiv um ihr Umfeld kümmern. Dann kann die Stadtverwaltung bei den betroffenen Eltern und darüber hinaus auch wieder Pluspunkte sammeln.

jan.sellner@stzn.de