Der Angeklagte vor Gericht in Stuttgart. Foto: dpa

In dem Mordprozess beschreiben Zeugen den Angeklagten als „ruhigen Typen“, der sich mit schnellen Autos aufspielen wollte.

Stuttgart - Im Verfahren um die Fahrt mit einem Jaguar, die zwei unbeteiligte junge Menschen aus dem Leben gerissen hat, hat das Gericht noch viele Fragen an den Angeklagten. „Ich möchte wissen, was in Ihrem Kopf vorging, als sie das Fahrzeug steuerten“, sagte die Vorsitzende Richterin Cornelie Eßlinger-Graf am elften Prozesstag. Bislang hatte die Verteidigung eine erste Erklärung für ihren Mandanten abgegeben, der von seinem Recht, zu schweigen, Gebrauch macht. Als Heranwachsender muss sich der 21-Jährige am Landgericht wegen zweifachen Mordes verantworten.

Auch Staatsanwaltschaft und Nebenklage möchten erfahren, was genau den Angeklagten in der 85 Sekunden dauernden Unfallfahrt bewegte, warum er für einen ganzen Tag dieses Fahrzeug mietete, dann aber längere Fahrpausen einlegte, und was er eigentlich mit dem Auto vorhatte. Das Gericht wünscht sich darüber hinaus Antworten auf die Frage, ob der junge Mann sich neben der technischen Leistung des Fahrzeugs auch für dessen Sicherheit interessiert habe oder etwa in seiner Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker über Sicherheitssysteme in Fahrzeugen Informationen erhielt.

Mit durchgedrücktem Gaspedal durch die Innenstadt

In der Nacht zum 7. März war der Azubi in dem gemieteten Jaguar mit Tempo 168 durch die Rosensteinstraße gerast. Nach einem Ausweichmanöver verlor er die Kontrolle über den Sportwagen und prallte gegen den Kleinwagen eines jungen Paares, das noch an der Unfallstelle starb. Die Eltern der 22 und 25 Jahre alten Opfer sitzen als Nebenkläger in dem Verfahren.

Laut Anklage hat der gebürtige Stuttgarter mit dem gemieteten 550-PS-Jaguar seinen Geschwindigkeitsrausch ausleben wollen und dabei war ihm völlig gleichgültig, ob andere Personen zu Schaden kommen. Mit dem Sportwagen wollte er anderen imponieren, in Stuttgart war er - nach Auswertung der Fahrzeugdaten - mit durchgedrücktem Gaspedal durch die Innenstadt geheizt, bis es zu dem tödlichen Zusammenprall kam.

Angeklagter stand nach Unfall unter Schock

Im Mittelpunkt des elften Prozesstages standen Polizisten, die als Zeugen von ihren Ermittlungen unmittelbar nach dem Unfall berichten. Danach standen der angeklagte Fahrer und sein Beifahrer unter Schock. Als der 21-Jährige informiert wird, dass die beiden Unfallopfer tot sind, erklärt dieser, er werde seinen nächsten Geburtstag nicht mehr erleben, er werde sich umbringen.

Zeugenvernehmungen aus dem Umfeld des Angeklagten skizzierten laut einem anderen Polizisten den Angeklagten als „ruhigen Typen, der sich eher auf die Ausbildung konzentriert“. Sein Eindruck: Der Angeklagte sei zwar in seinem Freundeskreis gut bekannt, aber kein Meinungsführer gewesen. Offenbar versuchte er „aus der zweiten Reihe heraus“ seine Beliebtheit mit dem Mieten schneller Autos sich zu steigern. Dem Ermittler zufolge hatte er eine gewisse Nähe zur sogenannten Poserszene im Internet, habe diese jedoch nur spärlich bedient.

Für die geplante Anhörung des psychiatrischen Gutachters beantragte die Verteidigung den Ausschluss der Öffentlichkeit. Das Gericht wird dazu bis zum nächsten Verhandlungstag am nächsten Montag eine Entscheidung treffen.