Blumen, Kerzen, ein Kreuz und der Gedenkstein am Unfallort Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Im Jaguar-Prozess gegen einen 21-jährigen Stuttgarter werden am Montag die Plädoyers gehalten. Allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Erst das Urteil wird wieder öffentlich gesprochen.

Stuttgart - Der Prozess gegen den 21-jährigen Mert T. geht in die letzte Runde. Am Montag halten die Vertreterin der Staatsanwaltschaft und die Anwälte der Nebenklage ihre Plädoyers. Ein mit Spannung erwarteter Verhandlungstag: Bleibt die Staatsanwaltschaft beim Mordvorwurf? Soll der 21-Jährige, der beim Unfall an der Rosensteinstraße mit einem gemieteten Jaguar noch 20 Jahre alt war, nach Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden? Welche Schlüsse ziehen die Anklagevertreterin und die Vertreter der Nebenklage aus dem vor zehn Tagen gehörten psychiatrischen Gutachten und dem Bericht der Jugendgerichtshilfe? All diese Fragen werden unter Prozessbeobachtern seit Tagen diskutiert.

Doch die Öffentlichkeit muss sich mit den knappen Kernaussagen der Schlussvorträge zufriedengeben. Denn weil das psychiatrische Gutachten unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgetragen wurde, ist das auch bei den Plädoyers so. Das ist im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) so geregelt, sagt der Sprecher des Landgerichtes, Christoph Buchert. Die Verteidiger des 21-Jährigen, Markus Bässler und Hans Steffan, hatten für das Gutachten die Öffentlichkeit ausschließen lassen, weil es private und intime Bereiche ihres heranwachsenden Mandanten berührte. Dem gab die Kammer statt.

Freunde und Bekannte hatten Angeklagten als zurückhaltend beschrieben

Da die Oberstaatsanwältin Christine Bez – ebenso wie die Anwälte der Nebenklage – sich wohl auf viele Punkte dieses Gutachtens für die Argumentation beziehen wird, gilt der Ausschluss der Öffentlichkeit auch für die Plädoyers.

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Ein paar Aspekte haben sich den Zuhörern an den öffentlichen Sitzungstagen schon offenbart, die als Argumente in der Begründung der Strafanträge zählen können. So beschrieben Freunde und Bekannte den Angeklagten als recht zurückhaltend und strebsam. Er sei immer ruhig gewesen, Klassenbester in der Schule. An Werktagen sei er anders als seine Kumpels abends nicht weggegangen – wegen der Ausbildung zum Mechatroniker bei Daimler. In einem Bericht der JVA Stammheim klang an, dass er noch recht jugendliches Verhalten an den Tag gelegt habe. Man habe den Eindruck gehabt, dass der Angeklagte es gewohnt sei, dass sich viel um ihn gekümmert wird.

Angeklagte hatte im März den Unfall verursacht

Für die Abwägung, ob der Mordvorwurf Bestand hat, sind die Aussagen von Passanten wichtig, die den Tag über den Jaguar an verschiedenen Stellen in der Stadt fahren oder rasen sahen. Dabei sagten viele, sie hätten befürchtet, dass bei der Fahrweise etwas passiert. Die Staatsanwaltschaft hatte argumentiert, dass der 20-jährige den Wagen bei seiner Fahrweise nicht vollständig kontrollieren konnte. Damit sei der ein gemeingefährliches Mittel gewesen – weil für Menschen im Umfeld ein großes Risiko, verletzt oder getötet zu werden, ausging. Der Angeklagte habe bei seiner Fahrweise den Tod anderer Menschen billigend in Kauf genommen. Damit war der Mordvorwurf begründet worden.

Der Angeklagte war am 6. März, am Aschermittwoch, mit dem 550 PS starken Auto mehrere Stunden in der Stadt unterwegs gewesen, bis es kurz nach 23.30 Uhr zu dem Unfall kam. Er raste laut dem technischen Gutachten mit 168 Kilometern pro Stunde die Rosensteinstraße im Nordbahnhofviertel entlang. Dann verlor er die Kontrolle über den gemieteten Wagen und schleuderte in den Kleinwagen eines jungen Paares, das im Kino gearbeitet hatte und gerade nach Betriebsschluss heimfahren wollte. Beide starben bei den Unfall.