Bezirksvorsteherin Mitte Veronika Kienzle. Foto: Lg

Der Hersteller eines Kräuterlikörs will fünf Studenten mietfrei wohnen lassen, wenn sie sich als Markenbotschafter verpflichten. Das stößt auf Kritik.

Stuttgart - Veronika Kienzle (Grüne) kritisiert den Plan eines Kräuterlikör-Herstellers scharf, fünf Studenten am Hans-im-Glück-Brunnen in der Innenstadt umsonst wohnen zu lassen, so sie für Alkoholika werben. Die Verquickung von Wohnraum mit Marketing-Maßnahmen für Hochprozentiges sei eine „schlechte, schräge Entwicklung“, sagt die Bezirksvorsteherein. Sie will darum prüfen lassen, ob es eine rechtliche Handhabe gegen die Vermietung von Wohnraum zu solchen Bedingungen gibt, und dagegen vorgehen. „Besondere Angst macht mir, dass der Gedanke Schule machen könnte.“ Es könnten auch andere Spirituosenhersteller auf den Zug aufspringen, befürchtet Kienzle.

Wohnungssuchende Studenten sollen sich für die WG bewerben, indem sie kurze Videos von sich drehen, die ihre Talente zeigen und deutlich machen, dass sie zur Marke passen. Es winkt ein Jahr lang mietfreies Wohnen. Allerdings verpflichten sie die jungen Leute vertraglich, als sogenannte Markenbotschafter Werbung für die Vermieterin zu machen. Verträge werden „individuell auf die Fähigkeiten der Mieter zugeschnitten“, sagte eine Unternehmenssprecherin. Was genau von einem Studenten vertraglich verlangt werden könnte, will sie nicht sagen.

15 studentische Markenbotschafter für Firma aktiv

Der Kräuterlikör-Hersteller widmet der Zielgruppe der 18- bis 29-Jährigen schon seit geraumer Zeit besondere Aufmerksamkeit. 15 studentische Markenbotschafter sind für die Firma aktiv – allerdings gegen Gehalt, und nicht gegen Wohnraum. Eine Strategie, die auch andere Firmen verfolgen. So wird versucht Hochprozentiges, aber auch andere angesagte Getränke und Tabakwaren direkt in Wohngemeinschaften zu verbreiten. Aus Sicht der Studenten lässt sich so Geld sparen, da Werbeteams die Ware an Privatpartys Freihaus liefern. Besagter Kräuterlikör-Hersteller hat angekündigt, die WG mit seinen Produkten zu versorgen.

Der Inhaber des Szenelokals unter der Wohngemeinschaft, die ab dem 1. Oktober bezogen werden soll, betreibt noch eine weitere Bar an der Weberstraße im Leonhardsviertel und ist als hauptberuflicher Architekt auch für die Renovierung der mutmaßlichen Kräuterlikör-WG zuständig. Für eine Stellungnahme war er am Montag nicht zu erreichen.