Versteckt sich in Weil der Stadt vor den Toren Stuttgarts: die Winkelgasse. Foto: Jürgen Bach

Ende der 1970er-Jahre war die Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling zum Schüleraustausch in Weil der Stadt im Landkreis Böblingen. Dort gibt es auch eine „Winkelgasse“.

Eigentlich, das weiß auch Hobby-Historiker Wolfgang Schütz aus Weil der Stadt, heißt die „Winkelgasse“ aus Harry Potter im englischen Original ganz anders. „Diagon Alley“ hat die Autorin Joanne K. Rowling die magische Einkaufsstraße in den Büchern genannt, ein Wortspiel mit dem Wort „diagonally“, dem englischen Begriff für „schräg“ oder „diagonal“.

Weil der Stadt hat eigene „Winkelgasse“

Das Gerücht, dass sich die Britin bei der Namensfindung des kultigen Ortes von Weil der Stadt hat inspirieren lassen, hält sich in der Kommune aber hartnäckig. Denn in der Weiler Altstadt liegt eine solche „Winkelgasse“ – und dass Rowling hier schon einmal über das Kopfsteinpflaster schlenderte, ist ebenfalls gar nicht so abwegig. Ende der 70er-Jahre war sie, damals um die 13 Jahre alt, Austauschschülerin am Johannes-Kepler-Gymnasium, und pflegte laut Wolfgang Schütz sogar noch lange Zeit eine gute Freundschaft mit der damaligen Partnerschülerin aus Deutschland.

Dass Rowling als Jugendliche Zeit in der Keplerstadt verbrachte, entdeckte Wolfgang Schütz nur durch Zufall – und zwar erst 2002, am Frühstückstisch mit seinem Freund Keith. Beide Männer waren lange Lehrer, Schütz am Weiler Johannes-Kepler-Gymnasium, der Freund an der Wyedean-Gesamtschule in der Nähe von Bristol. In den 1970er-Jahren war es ihre Freundschaft, die mehrere Schüleraustausche zwischen den Schulen inspirierte.

Als Keith viele Jahre später zu Besuch in Weil der Stadt war, sah er auf dem Tisch seines Freundes einen Harry-Potter-Band liegen. „Hast du auch das Buch von der Joanne gelesen?“ fragte Keith damals. „Und dann hat er erzählt, dass er früher ihr Deutschlehrer war“, erinnert sich Wolfgang Schütz heute.

Rowling war im Schuljahr 1978/1979 in Weil der Stadt

Auch, wenn Schütz den schicksalhaften Schüleraustausch organisiert hat – er selber habe sich an Rowling nicht erinnern können, berichtet Schütz. Schon immer aber hatte der ehemalige Lehrer eine große Freude am Recherchieren und Durchsuchen alter Dokumente. Und so bekam er wenig später einen Kalender aus dem Schuljahr 1978/1979 in die Hände. „Da fiel ein Blatt Papier heraus“, erzählt Schütz. Und auf dieser Liste der Austauschschüler stand der Name geschrieben, an achter Stelle: „Rowling, Joanne“.

Mit der Autorin habe er immer mal wieder versucht, Kontakt aufzunehmen, erinnert sich Schütz. An ihren Verlag verschickte er etwa einen Brief und eine kleine Zeichnung. Eine Antwort bekam er allerdings nie, so Schütz, wundert sich darüber aber auch nicht sonderlich. „Das war ja damals ein großer Hype um Harry Potter.“

Kontakt hatte der Weiler noch einmal mit der ehemaligen Austauschpartnerin von Rowling, die berichtete, dass die beiden Mädchen noch einige Zeit befreundet waren, bis der Kontakt irgendwann einschlief.

Eine glückliche Verstrickung von Ereignissen

Nach wie vor in Kontakt stehen dafür aber Wolfgang Schütz und sein Freund Keith. „Ich neige da ein bisschen zur Treue“, sagt Schütz selbst. Wäre die Freundschaft nicht gewesen, hätte Rowling auch nie ihren Weg in die schwäbische Kleinstadt gefunden, eine schöne „Verstrickung von Ereignissen“, wie Wolfgang Schütz sagt.

Durch die Weil der Städter Winkelgasse drängeln sich derweil nach wie vor keine Zauberer und Hexen in Spitzhüten, die Zauberstäbe, Kessel und Eulen kaufen wollen. Das Gedankenspiel, dass Joanne K. Rowling doch ein wenig Inspiration aus der Keplerstadt mit nach England genommen hat, bleibt den Harry-Potter-Fans aber erhalten.