Agiert bislang solide: Finanzminister Giancarlo Giorgetti. Foto: Imago//Fabio Frustaci

In Italien bricht die neue Rechtsregierung ihre teuren Wahlversprechen gleich reihenweise. Dafür sorgt Finanzminister Giancarlo Giorgetti. Was treibt ihn an?

Die beiden Juniorpartner von Giorgia Meloni hatten im Wahlkampf dem Land das Blaue vom Himmel versprochen: Lega-Chef Matteo Salvini stellte den Bürgerinnen und Bürgern eine Flat-Tax (Einheitssteuer) von 15 Prozent und eine neue Steueramnestie in Aussicht, Silvio Berlusconi wollte die Mindestrente von bisher rund 500 Euro verdoppeln und den gleichen Betrag gleichzeitig auch den „mamme“, den Müttern und Hausfrauen, überweisen. Allein diese beiden Maßnahmen hätten den Staatshaushalt um Milliarden Euro zusätzlich belastet – und das bei einem Schuldenstand von 145 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung des Landes. Es wäre das Rezept für eine neue Eurokrise gewesen.

 

Italiens neuer Finanzminister steht für Kontinuität

Die mögliche Rückkehr Italiens zu Schuldenwirtschaft und kreativer Finanzpolitik war nach dem Wahlsieg Melonis am 25. September die größte Sorge an den Finanzplätzen und in Brüssel gewesen. Doch zumindest bislang kommen ermutigende Signale aus Rom: In den Plänen der Regierung für den Staatshaushalt 2023 ist von den Wahlversprechen Salvinis und Berlusconis wenig übrig geblieben. Das ist in erster Linie Finanzminister Giancarlo Giorgetti von der Lega zu verdanken: Der Absolvent der renommierten Mailänder Wirtschaftsuniversität Bocconi ist das einzige Kabinettsmitglied, das schon unter Draghi Minister gewesen war (er war Minister für wirtschaftliche Entwicklung), und er gilt als Vertrauter des früheren EZB-Präsidenten.

Auch Meloni selber hatte im Wahlkampf eine verantwortungsvolle Finanzpolitik in Aussicht gestellt und ihre beiden spendierfreudigen Partner (vergeblich) aufgefordert, keine unrealistischen Geschenke zu versprechen. Dem Koalitionsfrieden zuliebe gesteht sie Salvini und Berlusconi nun zu, dass sie ihre Versprechen wenigstens zum Schein einlösen. So wird die bereits bestehende Flat-Tax von 15 Prozent für Einzelunternehmen bis 65 000 Euro Jahresumsatz etwas erweitert, auf einen Jahresumsatz von 85 000 Euro. Und es wird eine Ministeueramnestie geben: Alte Steuerschulden, die 1000 Euro nicht übersteigen, sollen erlassen werden. Die Auswirkungen auf den Staatshaushalt sind indes gering.

Kritik sprechen von einem „identitären Budget“

Ihr eigenes finanzpolitisches Versprechen will Meloni dagegen halten: Sie hatte im Wahlkampf die Abschaffung des „reddito di cittadinanza“, des Bürgereinkommens, versprochen. Laut dem in dieser Woche vorgestellten Haushalt soll das Bürgereinkommen durch eine neue Armenfürsorge ersetzt werden, bei der Personen, die theoretisch arbeitsfähig wären, kein Geld mehr erhalten. Die Opposition kritisiert, die Regierung betreibe eine „identitäre rechte Budgetpolitik“: Nachsicht gegenüber den Reichen auf Kosten der Armen. Erstere würden mit Steueramnestien und Steuersenkungen bedacht, Letztere müssten Kürzungen und Schikanen erdulden.

In seinem ersten Haushalt rechnet Giorgetti mit einem Defizit von 4,5 Prozent im nächsten Jahr. Das ist etwas mehr als die 3,7 Prozent, die Draghi im Finanzplan für 2023 anpeilte, aber zugleich auch deutlich tiefer als die 5,6 Prozent, die im laufenden Haushaltjahr verzeichnet werden. Der größte Teil des Defizits geht auf Maßnahmen zur Bekämpfung der hohen Energiepreise zurück, die schon Draghi beschlossen hatte und die nun von der neuen Rechtsregierung verlängert werden. Auch die Inflation, die in Italien in den letzten Wochen auf fast 12 Prozent gestiegen ist, wirkt sich kostentreibend aus, vor allem wegen des gesetzlichen Teuerungsausgleichs auf den Renten. Trotzdem sieht Giorgettis Budget eine sinkende Schuldenquote vor. Vorausgesetzt freilich, dass es ihm und Meloni weiterhin gelingen wird, Salvini und Berlusconi in Schach zu halten.