Muttersprachlicher Unterricht steht für italienische Schüler auf der Kippe Foto: dpa

Kultusministerium kündigt an: Schüler mit italienischen Wurzeln sollen besser gefördert werden.

Stuttgart - Schüler mit italienischen Wurzeln sollen besser gefördert werden. Das haben das baden-württembergische Kultusministerium und das italienische Generalkonsulat angekündigt. Ob damit der Streit in der italienischen Gemeinde in Württemberg und Nordbaden beendet ist, bleibt vorerst allerdings offen.

Die Sommerferien eignen sich gut, um Botschaften loszuwerden, die zu anderen Zeiten Widerspruch hervorrufen würden. Das gilt auch für diese: Das Kultusministerium und das italienische Generalkonsulat Stuttgart wollen künftig enger zusammenarbeiten, um Schüler aus italienischen Einwandererfamilien besser zu fördern. "Gemeinsam haben wir großes Interesse daran, unsere italienischen Schülerinnen und Schüler so zu unterstützen, dass sie ihre Potenziale ausschöpfen und schulischen Erfolg haben können", wird der italienische Generalkonsul in Stuttgart, Alessandro Giovine, in der Pressemitteilung des Ministerium vom Dienstag zitiert. Tags zuvor hatten Kultusstaatssekretär Frank Mentrup (SPD) und Giovine eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Die bereits bestehenden Förderangebote sollten noch besser auf schulische Förderkonzepte abgestimmt werden, erklärten die beiden.

Monatelang kein Italienischunterricht

Besonders Kinder, die Sprachprobleme und deshalb auch Schwierigkeiten beim Lernen haben, sollen davon profitieren. Ihre Zahl ist sehr groß. Obwohl ihre Familien oft schon Jahrzehnte in Deutschland leben, besuchen überdurchschnittlich viele italienischstämmige Schüler Förderschulen, relativ wenige hingegen schaffen es zur Realschule oder zum Gymnasium. Als Giovines Vorgänger Faiti Salvadori nach seinem Amtsantritt 2005 diese Situation erkannte, machte er sich sofort für eine bessere Förderung der Kinder stark. Er warb bei der Landesregierung für den muttersprachlichen Unterricht und setzte sich dafür ein, dass die italienische Regierung zusätzlich Nachhilfe finanzierte.

Doch im vergangenen Schuljahr fiel die Nachhilfe für die schwachen Schüler komplett aus - betroffen davon waren rund 1000 Kinder. Denn Giovine, seit 2009 verantwortlich für die rund 160.000 Italiener in Württemberg und Nordbaden, verweigerte 2010 den beiden italienischen Vereinen Progetto Scuola und Ial-Cisl, die sich bis dahin um die Schüler gekümmert hatten, das Geld. Seine Begründung: Bei der Bilanz 2009 habe es Abrechnungsfehler gegeben. Mit dem gleichen Argument, das die Vereine mehrfach widerlegten, sperrte der Jurist und Ingenieur später auch die Mittel für einen weiteren Verein, Enaip, so dass rund 2000 Schüler monatelang keinen Italienischunterricht mehr erhielten - obwohl das italienische Finanzministerium die Mittel bereits bewilligt hatte. Proteste von Eltern und Lehrern sowie zwei Demonstrationen vor dem Generalkonsulat am Stuttgarter Killesberg zu Beginn dieses Jahres halfen wenig - zwei Vereine mussten mittlerweile Insolvenz anmelden.

Das Komitee der Auslandsitaliener (Comites) kritisierte Giovines Vorgehen scharf. Einige Mitglieder vermuteten damals, dass Giovine die Vereine lahmlegen und neue Träger mit der Aufgabe betrauen wolle, unter anderem weil ihm die gewerkschaftlich-christliche Ausrichtung der Arbeitervereine nicht passe. Der Generalkonsul hatte seinerzeit bereits bei der Deutsch-Italienischen Gesellschaft (DIG) in Karlsruhe und der gemeinnützigen Elternstiftung Baden-Württemberg angefragt, ob sie Interesse hätten, muttersprachlichen Unterricht und Nachhilfe anzubieten. Die sagten ja.

Schüler besser integriert

Wie die künftige Förderung der Kinder genau aussehen soll, war am Dienstag nicht zu erfahren. Der Generalkonsul sei in Urlaub, sagte seine Stellvertreterin auf Anfrage. Roland Peter, Sprecher des Kultusministeriums, sagte, die Umsetzung sei Sache des Generalkonsulats. "Welcher Verein das macht, muss der italienische Staat entscheiden", dieser stelle schließlich auch die Fördermittel zur Verfügung. Das Land werde allerdings darauf achten, ob die Förderung bei den Kindern ankomme. Die Schule und die Eltern sollten künftig stärker einbezogen werden, deshalb sei es auch sinnvoll, eng mit der Gemeinnützigen Elternstiftung Baden-Württemberg zusammenzuarbeiten.

"Wir begrüßen die Initiative des italienischen Generalkonsuls Stuttgart sehr und unterstützen die Neuorganisation der zusätzlichen Fördermaßnahmen", erklärte Staatssekretär Mentrup. Dies werde dazu beitragen, dass die Schüler besser integriert und der Übergang in weiterführende Schulen erleichtert werde. Eigentlich ist dies ohnehin die Aufgabe der deutschen Schule. Comites dürfte dies kritischer sehen. Dort war am Dienstag allerdings niemand zu erreichen.

Für Giovine, der mit seiner eigenwilligen Aktion in den vergangenen Monaten viele in der italienischen Gemeinde gegen sich aufgebracht hatte, ist die gemeinsame Absichtserklärung mit dem Kultusministerium hingegen ein schönes Abschiedsgeschenk. Denn noch in diesem Jahr wird der 37-jährige Diplomat versetzt. In die italienische Botschaft im australischen Cranberra.