Eine Passantin legt Blumen für den toten Polizeibeamten nieder. Foto: dpa

Ein missglückter Drogendeal in Rom hat fatale Folgen. Ein 19-jähriger Amerikaner und sein Reisebegleiter sitzen in Untersuchungshaft. Viele Einzelheiten sind bis jetzt unklar.

Rom - Stunden der Trauer, der Wut, der Fassungslosigkeit. „Für ganz Italien ist dies kein Wochenende wie jedes andere“, so die Worte von Gianfranco Di Sarno, Sprecher der Fünf-Sterne-Bewegung im Parlament. Ein Carabiniere hat im Dienst sein Leben verloren. Als wäre das nicht schon tragisch genug, lassen die Umstände, unter denen der 35-jährige Beamte in der Nacht auf Freitag getötet wurde, viele ungläubig und fassungslos zurück.

Ein 19-jähriger US-Amerikaner hat gestanden, Mario Rega Cerciello mit acht Messerstichen getötet zu haben. Er und ein Freund (18) hatten in Rom Urlaub gemacht und wollten am Freitagabend wieder heimfliegen. Nun sitzen sie im Gefängnis. Der Vorwurf: vorsätzliche Tötung und versuchte Erpressung.

US-Touristen bekommen statt Drogen Aspirin

Die beiden jungen Männer waren am späten Donnerstagabend im Ausgehviertel Trastevere unterwegs. Auf der Piazza Mastai sprechen sie Sergio B. an – sie wollen Drogen kaufen. Dieser führt sie zu ihm bekannten Dealern, die den Amerikanern aber statt Kokain Aspirin verkauft haben sollen.

Die jungen Männer nehmen in ihrer Wut über den Betrug den Rucksack von Vermittler Sergio B. an sich. Als dieser später sein Handy, das sich im Rucksack befindet, anruft und so die beiden kontaktiert, schlagen diese vor, sich noch in der Nacht in Prati zu treffen, einem noblen Stadtteil, unweit des Vatikans, in dem sich das Hotel der beiden befindet. Wenige Meter davon entfernt sollte Sergio B. den Rucksack zurückbekommen – gegen eine Zahlung von 100 Euro, die wohl eine Wiedergutmachung für die falschen Drogen sein sollten.

19-Jähriger greift zum Messer und sticht zu

Was nun geschieht, ist mit vielen Fragezeichen versehen. Denn Sergio B. kommt nicht alleine zum Treffpunkt. Er hat die Carabinieri informiert. Warum? Hat er keine Angst, selbst als Vermittler des Drogengeschäfts belangt zu werden? Hat er Kontakte zur Polizei – dient er vielleicht als eine Art V-Mann in der Drogenszene?

Cerciello und sein Kollege Andrea Variale jedenfalls kommen in Zivil zur geplanten Rucksack-Übergabe. Laut Ermittlungen geben sie sich als Carabinieri zu erkennen, doch der 19-Jährige greift zum Messer und sticht den Beamten nieder, während sein Kumpel dessen Kollegen festhält. Die Amerikaner fliehen, können aber kurz darauf, dank Auswertungen von Überwachungskameras, in ihrem Hotelzimmer gefasst werden. Cerciello erliegt im Krankenhaus seinen Verletzungen.

Warum ist der Amerikaner ausgerastet?

Aus einem misslungenen Drogenkauf wurde ein Tötungsdelikt. Und nahezu alle fragen sich: Warum ist der Amerikaner derart ausgerastet? Alles nur wegen 100 Euro? Die US-Touristen wohnten im Vier-Sterne-Hotel Le Méridien Visconti. Laut italienischen Medien stammen sie aus einem reichen Vorort von San Francisco. Geld dürfte also nicht das Motiv sein. Er habe nicht gewusst, dass Cerciello ein Beamter in Zivil war, soll der 19-Jährige bei der ersten Vernehmung gesagt haben.

Bei der Anhörung, in der die Untersuchungshaft für die beiden festgelegt wurde, berief er sich aber auf sein Aussageverweigerungsrecht. In seinem Gepäck sollen Psychopharmaka gefunden worden sein. Auch die Tatwaffe lag im Hotelzimmer.

Zuerst wurde nach Nordafrikanern gefahndet

Staatspräsident Sergio Mattarella und Premier Giuseppe Conte drückten den Familienangehörigen des Opfers, das an diesem Montag beerdigt wird, ihr Beileid aus. Der Polizist hatte erst kürzlich geheiratet.

Auch politisch hat der Fall für Wirbel gesorgt. Denn zunächst wurde nach zwei Nordafrikanern gefahndet, angeblich nach einem falschen Hinweis des Vermittlers Sergio B. Innenminister Matteo Salvini von der rechten Lega ist einer der Ersten, die den Fall in den sozialen Medien kommentieren. Als „Bastarde“ beschimpft er die Täter, nimmt aber keinen direkten Bezug auf deren Nationalität.

Am Sonntag erregte ein Foto die Gemüter: Darauf ist der 18-jährige Mitangeklagte umringt von Polizisten zu sehen, mit hinter dem Rücken gefesselten Händen und verbundenen Augen. Das Foto soll über einen Chat von Beamten den Weg in soziale Netzwerke gefunden haben. „Das ist nicht zu akzeptieren“, sagt Kommandant Francesco Gargaro der Zeitung „La Repubblica“. Er kündigte interne Ermittlungen an.