Straßenkunst an einer Hauswand in Rom: Luigi di Maio (l), Vorsitzender der Partei Fünf Sterne, und Matteo Salvini, Vorsitzender der Lega-Partei, knutschen sich an die Regierung. Mit einem hat das Liebenpaar aber nicht gerechnet: Silvio Berlusconi. Foto: AP

In Italien wurden die Präsidenten des Abgeordentenhauses und des Senats gewählt, Ergebnis cleveren Taktierens im Hintergrund. Berlusconi hat jedenfalls klar gemacht, dass ohne ihn nichts zu machen ist.

Rom - Überraschend schnell hat Italien die erste Hürde auf dem Weg zur Regierungsbildung genommen. Am Samstag wurde sowohl im Senat als auch im Abgeordnetenhaus ein jeweiliger Präsident gewählt. Noch am Freitagabend war das Gemauschel zwischen den Parteigranden in vollem Gange. Es wurde wild hin und her telefoniert, quasi stündlich tauchten neue Meldungen auf der Facebook-Seite der Forza Italia von Silvio Berlusconi auf. Der 81-jährige Ex-Ministerpräsident würde gerne als Königsmacher fungieren – hat aber durch das schlechte Wahlergebnis keinen guten Stand. Seine Partei Forza Italia konnte nur 14 Prozent der Stimmen ergattern und ist damit innerhalb des Mitte-Rechts-Bündnisses nur zweitstärkste Kraft. Dennoch hat es Berlusconi irgendwie geschafft, dieses erste Kräftemessen, die Wahl der Parlamentspräsidenten, doch noch für sich zu entscheiden. Eine politische Komödie in drei Akten.

Politik in drei Akten

Akt eins: Wegducken. In den vergangenen Tagen sah es so aus, als wäre der Cavaliere von seinem Zwangsverbündeten, dem Chef der rechten Lega Matteo Salvini, auf das politische Abstellgleis verfrachtet worden. Der 45-Jährige soll sich bereits früh mit Luigi Di Maio, dem Jungstar der Fünf-Sterne-Bewegung, die bei den Wahlen mit 32,7 Prozent die Partei mit den meisten Stimmen wurde, auf die Verteilung der Kammervorsitze geeinigt haben. Der Parlamentsvorsitz gehe an die Cinque Stelle, der Senatsvorsitz dafür an das Mitte-Rechts-Bündnis und laut Salvini an die Forza Italia. Die Lega würde im Gegenzug den Spitzenkandidaten bei den kommenden Regionalwahlen in Friaul-Venetien des im Norden sehr erfolgreichen Bündnisses stellen dürfen.

Akt zwei, Ausholen: Berlusconi, dem der eifrig mit der Fünf-Sterne-Bewegung taktierende Salvini wohl langsam ein Dorn im Auge ist, ergreift die Gunst der Stunde und schlägt mit Paolo Romani einen Kandidaten für den Senatsvorsitz vor, der wegen einer Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs für die Fünf Sterne laut deren Statut nicht wählbar ist. Als die Lega sich anschickt, zusammen mit den Cinque Stelle statt für Romani für die Forza-Senatorin Anna Maria Bernini zu stimmen, holt Berlusconis zum entscheidenden Schlag aus: Am späten Freitagabend verkündet er auf der Facebook-Seite seiner Partei theatralisch das Ende des Mitte-Rechts-Bündnisses. Die Senatorin Bernini werde von Salvini in einem feindlichen Akt instrumentalisiert, um die eigene Macht zu sichern, sich aus dem Bündnis zu lösen und eine Regierungskoalition mit der Fünf-Sterne-Bewegung einzugehen.

Akt drei, Triumphieren: Der Nebel ist wieder verzogen. Nach mehreren Telefonaten und einem frühmorgendlichen Krisentreffen ist das Mitte-Rechts-Bündnis laut einer gemeinsamen Erklärung wieder glücklich vereint. Maria Elisabetta Aliberti Casellati wird als Senatspräsidentin kandidieren, eine treue Anhängerin Berlusconis, und laut der Zeitung „La Repubblica“ eine „noch schlimmere Wahl als Romani“. Doch die juristisch weiße Weste macht sie auch für die Fünf-Sterne-Bewegung wählbar. In der Erklärung heißt es am Ende, und man hat beim Lesen sofort das beängstigende Krokodilslächeln Berlusconis vor Augen: „Alle politischen Mächte des Mitte-Rechts-Bündnisses verpflichten sich, keine individuellen Absprachen für die Bildung einer Regierung zu treffen.“ Der abtrünnige Salvini ist also fürs Erste wieder eingefangen und an die Leine gelegt.

Hält der neue Dreimännerbund?

Die Hinterzimmerabsprachen werden dann am Samstag schnell in die Tat umgesetzt: Im Abgeordnetenhaus siegt der Kandidat der Fünf-Sterne-Bewegung, Roberto Fico, dem Senat wird mit Maria Elisabetta Aliberti Casellati von der Forza Italia erstmals eine Frau vorstehen. Der bis dahin noch amtierende Ministerpräsident Paolo Gentiloni des vom Wähler abgestraften sozialdemokratischen Partito Democratico reicht daraufhin bei Staatspräsident Sergio Mattarella offiziell seinen Rücktritt ein – ein technischer Vorgang, der nun den Start der Regierungsverhandlungen ermöglicht. Gentiloni wird die Geschäfte weiter zu führen, bis eine neue Regierung gefunden ist. Dass das neue Triumvirat, der Dreimännerbund aus Luigi Di Maio, Matteo Salvini und Silvio Berlusconi bis zu einer Regierungsbildung hält, wird allerdings stark bezweifelt.