Greift sich an den Kopf: Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi. Foto:  

Es ist eine Hiobsbotschaft für den italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi – aber längst nicht nur für ihn: Unerwartet schwache Konjunkturdaten aus Rom signalisieren, dass die Krise in Europa noch nicht überwunden ist.

Rom - Nein, noch vergeht ihm das Lächeln nicht. Italiens junger Regierungschef Matteo Renzi lässt sich nicht von den schlechten Wirtschaftsdaten seines Landes in seinem Elan bremsen. Doch mehr als ein halbes Jahr seit seiner Amtsübernahme sieht es für sein Land ganz schlecht aus.  

Das voraussichtliche Wirtschaftswachstum für Italien bewegt sich in diesem Jahr nach Angaben des Statistikamts Istat zwischen traurigen minus 0,1 und plus 0,1 Prozent. Im zweiten Quartal lag die Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent tiefer als im ersten Vierteljahr. Die Staatsschulen steigen rasant. Die drittgrößte Volkswirtschaft der EU und die siebtgrößte weltweit macht pro Sekunde rund 3000 Euro neue Schulden. Zudem fällt die Industrieproduktion rasant und 43 Prozent der jungen Leute sind arbeitslos. Die allgemeine Arbeitslosigkeit sinkt nur dort, wo unternehmerfreundliche Zeitverträge abgeschlossen werden.

An den Finanzmärkten kamen die Zahlen nicht gut an. Immerhin ist Italien, das seit vielen Jahren unter extrem hohen Staatsschulden ächzt, hinter Deutschland und Frankreich die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Der Euro geriet weiter unter Druck und fiel auf ein Neun-Monats-Tief. Italienische Staatsanleihen, aber auch Schuldtitel Spaniens und Portugals mussten Verluste hinnehmen. Im Gegenzug stieg die Rendite, die Investoren von den Ländern für frisches Kapital verlangen. „Leider zeigen die heutigen Daten, dass sich die wirtschaftliche Erholung in Italien weiter verzögert“, kommentierte der Sprecher von EU-Währungskommissar Jyrki Katainen in Brüssel. Die Zahlen seien erheblich schwächer, als von der Kommission in ihrer Frühjahrsprognose vorhergesehen.

Damit sieht das Bild in Italien erheblich schlechter aus als in Spanien, der viertgrößten Volkswirtschaft der Eurozone. Nach Zahlen von Ende Juli windet sich Spanien nämlich mit wachsendem Tempo aus der Rezession heraus – nach zweijähriger Talfahrt.

Italien aber bewegt sich auf eine Rezession zu. Obwohl Renzi einkommensschwachen Bürgern 80 Euro als Steuergeschenk zukommen ließ, geben die Italiener immer weniger Geld aus.   Sogar während des aktuellen Sommerschlussverkaufs sind die Geschäfte weitgehend leer.   Jetzt muss auch eine bereits als Gesetz verabschiedete Erhöhung der Lehrergehälter zurückgenommen werden – es gibt kein Geld für diese neue Ausgabe. Die Kassen sind leer, denn die Verschlankung des Staatsapparats geht nur schleppend voran.   Trotz dieser gar nicht guten Daten schließt Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan kategorisch neue Steuern und auch einen Nachtragshaushalt aus.

Volkswirt Christian Schulz sieht vor allem hausgemachte Gründe für die italienischen Konjunkturprobleme: In der Reformgeschwindigkeit hinke das Land anderen angeschlagenen Euroländern klar hinterher. Auch der als reformfreudig geltende Renzi kämpfe damit, nennenswerte Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt durchzusetzen. „Das ist der Hauptunterschied zu Ländern wie Spanien und Portugal.“

Die Zeitung „Corriere della sera“ urteilte gnadenlos: „Der als wirtschafts- und finanzpolitische Hoffnungsträger angetretene Renzi redet sich zwar auch angesichts der miesen Zahlen, die jetzt bekannt werden, den Mund fusselig, doch Fakt ist, dass Italien noch lange nicht aus der gravierenden Krise heraus ist, in die es von unfähige Regierungen manövriert wurde.“

Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum der bekannte deutsche Wirtschaftsexperte Daniel Gros Italien erneut als europäische Schwachstelle bezeichnet. „Es reicht halt nicht aus“, so Nichi Vendola, Chef der linksökologischen Partei SEL, „wenn ein junger Maler das baufällige Haus von außen mit knalligen Farben anstreicht, um damit den Eindruck zu erwecken, man habe einen Neubau vor sich“.  

Solange die Steuern nicht gesenkt werden, darin sind sich Italiens Wirtschaftsexperten einig, werden die Bürger auch nicht mehr Geld ausgeben und die Unternehmen nicht mehr investieren. „Aber das scheint Renzi noch nicht begriffen zu haben“, schreibt eine Wirtschaftszeitung.

„Die Wirtschaftslage in Italien entspricht nicht unseren Erwartungen, doch wir sind auf dem richtigen Weg“, verteidigt sich der Regierungschef. „Es ist wie mit diesem Sommer, der auf sich warten lässt, doch mit Sicherheit eintreffen wird“.