Die italienischen Fußballer singen ihre Nationalhymne vor den Spielen immer mit besonderer Hingabe, wie hier vor dem Halbfinale gegen Spanien. Foto: imago images/Shutterstock/Kieran McManus

Die Inbrunst, mit der die italienischen Fußballer ihre Nationalhymne schmettern, begeistert und beeindruckt Kommentatoren wie Zuschauer. Doch was hat es mit dem Lied der Italiener auf sich? Wir erklären den historischen Hintergrund samt Hymnentext und dessen Übersetzung.

Rom/London - Enrico Caruso, Luciano Pavarotti, Andrea Bocelli – Italien hat viele weltberühmte Opernsänger hervorgebracht. Und auch wenn sie die Töne nicht ganz so sauber treffen wie die Berufssänger, an Leidenschaft und Inbrunst mangelt es den Fußballspielern der Italienischen Nationalmannschaft beim Singen ihrer Hymne nicht. Sie scheinen jedes Wort in jeder Faser ihres Körpers zu spüren.

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„Ich singe die Hymne mit geschlossenen Augen, weil ich mich bis in die Knochen als Italiener fühle“, sagte Gianluigi „Gigi“ Buffon, die Torwart-Legende, die 2018 ihre Karriere beendete, über das Lied der Italiener. Und auch während der schlimmsten Phase der Coronapandemie im vergangenen Frühjahr, als ein strenger Lockdown herrschte, trafen sich die Menschen auf den Balkonen, und sangen ihre Hymne – als Zeichen der Einheit, der Verbundenheit, der Nähe.

Die Hymne entstand in Zeiten der Zerrissenheit

Dabei ist die Hymne in Zeiten der Zerrissenheit entstanden. Im Herbst 1847, als der Text der Hymne von dem damals 20-jährigen Dichter Goffredo Mameli aus Genua niedergeschrieben wurde, stand Italien nach dem Ende des Napoleon-Regimes 1814 erneut unter Fremdherrschaft. Die zweite Strophe von Mamelis Text weist genau darauf hin, sie wird aber heute nicht mehr gesungen („Wir wurden seit Jahrhunderten getreten und ausgelacht, weil wir kein Volk sind, weil wir geteilt sind.“)

Noch im selben Jahr, 1847, packte der Komponist Michele Novaro „Il canto degli Italiani“, das Lied der Italiener, in Liedform. Die Inno di Mameli, wie sie nach ihrem Dichter auch genannt wird, wurde schnell zur Hymne des Risorgimento, der Einheitsbewegung des Landes. Als 1861 dann schließlich das Königreich Italien ausgerufen wurde, wurde jedoch ein anderes Lied zur Hymne, die Marcia Reale. Das Lied der Italiener blieb aber für viele die heimliche Landeshymne.

Im Faschismus was das Lied der Italiener verboten

Auch im italienischen Faschismus (1922 bis 1945), in dem die Inno di Mameli offiziell verboten war, wurde das Stück zum Symbol des Widerstandes. 1946 wurde dann die heute noch existente italienische Republik gegründet. Doch obwohl „Fratelli d’Italia“ von da an als Nationalhymne gilt, wurde dies erst im November 2017 nach einer Parlamentsabstimmung gesetzlich verankert. In der italienischen Verfassung steht bis heute kein Wort darüber.

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Heute wird von der Inno di Mameli der erste Teil und der Refrain gesungen. Unten finden Sie den italienischen Text samt deutscher Übersetzung.

Für die Fußballer ist die Hymne Motivation pur - quasi das letzte Aufpeitschen vor dem Spiel. „Wir sind bereit zum Tod“ singen sie inbrünstig wie einst der Freiheitskämpfer Giuseppe Garibaldi – tatsächlich meinen Chiellini, Immobile und Di Lorenzo in diesem Fall aber wohl, wir sind bereit, Tore zu schießen. Seit 33 Spielen in Serie sind die Azzuri nun schon ungeschlagen. Und mit dem 34. Sieg würden sie am Sonntag Europameister. Weltmeister im Singen sind sie auf jeden Fall heute schon.

Das Lied der Italiener – „Inno di Mameli“:

Fratelli d’Italia,

L’Italia s’è desta,

Dell’elmo di Scipio

S’è cinta la testa.

Dov’è la vittoria?

Le porga la chioma,

Che schiava di Roma

Iddio la creò.

Stringiàmci a coòrte

Siam pronti alla morte,

Siam pronti alla morte,

L‘Italia chiamò. Si!

Deutsche Übersetzung der Nationalhymne:

Brüder Italiens,

Italien hat sich erhoben,

Und mit Scipios Helm

Sich das Haupt geschmückt.

Wo ist die Siegesgöttin Victoria?

Sie möge Italien ihr Haupt zuneigen,

Denn als eine Sklavin Roms

Hat Gott sie erschaffen.

Lasst uns die Reihen schließen,

Wir sind bereit zum Tod,

Wir sind bereit zum Tod,

Italien hat gerufen! Ja!