Italien hat sich „ein ganzes Stück bewegt“, lobt EU-Kommissar Valdis Dombrovskis die Regierung in Rom. Foto: AP

Der Haushaltsstreit zwischen der EU und Italien ist beendet. Weil sich die EU-Kommission mit kleinen Korrekturen zufrieden gibt, beschädigt sie die Glaubwürdigkeit wichtiger Regeln für den Euroraum, meint Wirtschaftsredakteurin Barbara Schäder.

Frankfurt - Der Graben, der sich durch die Eurozone zieht, ist selten so deutlich geworden wie auf der Pressekonferenz zum italienischen Defizitverfahren. Da stand auf der einen Seite der lettische EU-Kommissar Dombrovskis, der mit verkniffenem Gesicht einen faulen Kompromiss zu rechtfertigen versuchte. Und auf der anderen Seite sein französischer Kollege Moscovici, der die „flexible“Anwendung des Stabilitätspakts als politische Kunst rühmte.

Sicher: Hätte die Kommission die Zugeständnisse Italiens im Haushaltsstreit ignoriert, wäre das Wasser auf die Mühlen der Populisten in Rom gewesen. Und richtig ist auch, dass Italien mit seiner angestrebten Neuverschuldung unter der im Stabilitätspakt vorgesehenen Drei-Prozent-Grenze bleibt. Aber die Gesamtschuldenquote des Landes ist gut doppelt so hoch wie der Pakt erlaubt. Die Verpflichtung, sie Jahr um Jahr zu senken, erfüllt Italien schon lange nicht mehr.

Beschädigte Glaubwürdigkeit

Indem die EU-Kommission sich mit den kleinen Korrekturen aus Rom zufriedengibt, beschädigt sie den in seiner Glaubwürdigkeit ohnehin schon angeschlagenen Stabilitätspakt. Aufgeweicht wurde er bekanntlich schon auf Betreiben des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder. Den Deutschen steht deshalb die Rolle des Moralapostels schlecht an – aber um Moral geht es hier auch nicht. Es geht darum, dass eine Währungsunion auf Dauer nur bei Einhaltung der gemeinschaftlich festgelegten Regeln funktionieren kann.

Eine Chance gibt es noch, den Stabilitätspakt zu retten: Die EU-Kommission muss ein Defizitverfahren gegen Frankreich einleiten. Wenn Präsident Macron es ernst meint mit seinem Einsatz für Europa, dann muss er das aushalten.