So sehen Sieger aus: Im Ristorante La Commedia wird gefeiert. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Es war eine Zitterpartie: Erst im Elfmeterschießen ist Italien ins Finale der Fußball-Europameisterschaft eingezogen. Wie erlebten Fans aus Stuttgart das Spiel? Und wie feierten sie den Sieg?

Stuttgart - Exakt sieben Minuten dauert es, bis das erste Hupen nach dem dramatischen Elfmeterschießen beim 4:2 im EM-Halbfinale zwischen Italien und Spanien eine Viertelstunde vor Mitternacht auf der Theodor-Heuss-Straße ertönte. Es wird gehupt, Fahnen flattern im Fahrtwind. Auch an den Straßenrändern werden Flaggen in die Nacht gehalten. „Italia! Italia!“ hallt es durch Stuttgart.

Die Menschen im Ristorante Commedia in der Büchsenstraße liegen sich noch immer in den Armen, erschöpft von der Spannung, glücklich, weil es am Ende doch gereicht hat. An den Tischen werden die Fäuste in die Luft gereckt. „Bravi“ schreit ein Mann im blauen Trikot. Man stößt mit Grappa oder auch Mineralwasser an. Rosenblätter werden durch die Luft geworfen.

An das Finale denkt noch niemand

Normalerweise bereiten sich die Menschen in Commedia auf einen Theaterabend im Renitenztheater vor. Diesmal spielte sich das Drama im Restaurant selbst ab. Es war ein absolutes Gefühlschaos, in das die zu rund 80 Prozent italienischen Gäste gestürzt wurden. Am Ende wartet eine weitere notte magicha, eine magische Nacht ala Gianna Nannini auf die Italiener, die am kommenden Sonntag in Wembley auf den Sieger zwischen Dänemark und England treffen werden. Aber daran denkt im Moment niemand.

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Es wird gesungen und gefeiert. Auch die beiden Wirte Luigi Aracri und Piero Cuna sind aus dem Häuschen. Cuna drückt normalerweise dem AC Milan die Daumen und wusste an diesem Abend oft nicht wohin mit seinen Gefühlen. Zum Glück konnte er sich ablenken, wenn er einen wunderbaren Fisch im Salzmantel filetierte, oder ein Muschelrisotto anrichtete. Auch für den 37-jährigen Fabrizio aus Stuttgart war es ein glücklicher Abend. 3:1 hatte er für seine Italiener getippt und hat am Ende gezittert, ob es reichen würde für sein Team. „Wir sind diesmal so gut, weil wir keine Stars haben, der Star quasi die Mannschaft ist“, sagt der Fan des SSC Neapel.

Erst Führung, dann Ausgleich

Auf vier Bildschirmen wurde das erste Halbfinale übertragen. Zum ersten Mal wurde es lauf, als die Azzurri aus den Katakomben des Wembley-Stadions kamen. Die meisten Gäste sangen danach die Hymne mit ähnlicher Inbrunst wie Giorgio Chiellini, immer wieder wurden Gläser in die Höhe gehalten. Italien spielte bei dieser EM bislang stets mit einer ansteckenden Freude, mit diesem unbändigen Zug zum Tor. Doch die Fans im Commedia mussten an diesem Abend lange auf den Calcio spettacolo, den Spektakelfußball, warten, weil die Spanier die besseren Torchancen hatten. Zum ersten Mal gebebt hat es im Commedia dann nach der 1:0 -Führung der Italiener durch Chiesa.

Richtig still wurde es dann nach dem Ausgleich durch Spaniens Murata. Und weil den Italienern bis zum Ende der Verlängerung nicht mehr viele kreative Momente einfielen, feierten die Tifosi in Stuttgart eben die epochale Abwehrschlacht. Immer wieder klatschen sich die Gäste ab, umarmten sich, wie es auch die Spieler auf dem Platz taten. Jeder Befreiungsschlag, jede Grätsche, jedes Gehechte von Chiellini wurde mit dessen Namen: „Chiellini!“ - „Chieeeeellllliiiiniii“ gefeiert. Einige gingen nach draußen. Noch einmal eine rauchen, durchatmen vor dem großen Showdown Elfmeterschießen. Der große Held für die Gäste im Commedia war dann am Ende Torwart Donnarumma, der drei Elfmeter gehalten hatte.

Knaller gezündet

Italien steht im Finale und träumt jetzt vom EM-Titel. Und wenn es auch ganz schwer war gegen die Spanier, bleibt die Mannschaft von Roberto Manchini für die Tifosi in Stuttgart weiter eine Elf zum Verlieben. Am Ende war es kein Sieg der Strategie, sondern der besseren Nerven und des Herzbluts.

Leider gab es auch einige unschöne Szenen. Die Polizei rückte in der Büchsenstraße an, weil Knaller gezündet wurden und suchte nach den Störern.