Rund 150 FI-Mitarbeiter des Standorts Fellbach haben vor dem Sitz des Sparkassenverbands Baden-Württemberg am Stuttgarter Hauptbahnhof mit lautem Pfeifen gegen die Schließungspläne protestiert. Foto: dpa

IT-Dienstleister Finanz Informatik bietet Beschäftigten Abfindungen an.

Stuttgart - Die Finanz Informatik (FI) will offenbar die aufgebrachte Stimmung unter den Mitarbeitern etwas beruhigen. Der IT-Dienstleister der Sparkassen ist jetzt mit einem „Jobangebot für jeden Mitarbeiter“ an die Öffentlichkeit gegangen. Überraschend ist der Zeitpunkt. Denn erst am Donnerstag kommen Aufsichtsrat und Gesellschafter (vor allem die Sparkassenverbände) zusammen, um über die Pläne der Geschäftsleitung zu entscheiden, 6 von 9 Standorten zu schließen.

Geschäftsführung und Gesellschafter teilen bereits mit, dass Mitarbeiter an den von der Schließung bedrohten Standorten Fellbach, Berlin, Leipzig, München, Nürnberg und Saarbrücken das Angebot erhalten, nach Frankfurt, Hannover oder Münster zu wechseln. Als Umzugs-, Finanz- und Überbrückungshilfen soll jeder Mitarbeiter „50.000 Euro oder mehr“ erhalten. Wer nicht wechseln möchte, kann mit einer Abfindung von im Schnitt 100.000 Euro rechnen, heißt es in der Mitteilung. Die betroffenen Standorte sollen 2014 geschlossen werden.

Auf Arbeitnehmerseite ist man verwundert über das Vorpreschen. „Es ist ein komisches Spiel, dass man im Vorfeld einer Aufsichtsratssitzung bereits die Entscheidung verkündet“, sagt Gerald Herrmann, der für die Gewerkschaft Verdi im Aufsichtsrat der FI sitzt. „Das zeigt, dass man weder die Mitbestimmung noch die Menschen, noch das Gremium ernst nimmt.“

„Die rasche Umsetzung des Sparkonzepts geht zulasten der Qualität“

Rund 150 FI-Mitarbeiter des Standorts Fellbach haben vor dem Sitz des Sparkassenverbands Baden-Württemberg am Stuttgarter Hauptbahnhof mit lautem Pfeifen gegen die Schließungspläne protestiert. Sparkassenpräsident Peter Schneider sitzt im Aufsichtsrat der FI. Er weilt derzeit allerdings im Urlaub und lässt sich deshalb bei der Aufsichtsratssitzung vertreten.

Gewerkschaft und Betriebsrat bezweifeln, dass sich die Verschlankung auf drei Standorte ohne Risiken in der vorgesehenen Zeit umsetzen lässt. „Die rasche Umsetzung des Sparkonzepts geht zulasten der Qualität“, sagt der Fellbacher Betriebsrat Klaus Heck. Schon jetzt verlassen vor allem junge Mitarbeiter das Unternehmen.

Die Gewerkschaft Verdi befürchtet, dass die Schließungspläne vor allem zum Ziel haben, 1600 der bundesweit 4600 Mitarbeiter abzubauen. Am Standort Fellbach trifft es 500 Mitarbeiter. Die Gewerkschaft Verdi und der Betriebsrat haben ein Alternativkonzept entwickelt, das die Pläne der Geschäftsführung zeitlich bis 2021 strecken würde. Für den geplanten Arbeitsplatzabbau bliebe mehr Zeit. Das Durchschnittsalter der Beschäftigten in Fellbach wie auch an den anderen Standorten liegt bei 48 Jahren. Da in Frankfurt vorwiegend die Verwaltung sitzt, müssten die Beschäftigten nach Münster oder Hannover umziehen. Für viele Mitarbeiter kommt dies nicht mehr infrage. „Sie werden in ihrem Alter aber vor Ort nichts mehr finden“, sagt Verdi-Landesfachbereichsleiterin Rosemarie Bolte.

Die Finanz Informatik will mit der geplanten Neuorganisation Kosten sparen. Das schon länger verfolgte Ziel hinderte die Geschäftsführung nicht daran, sich noch Ende Februar dieses Jahres gegenüber der Belegschaft großzügig zu zeigen. Mit rund 3000 Mitarbeitern wurde in den Frankfurter Messehallen die Einführung eines einheitlichen IT-Systems bei allen 426 Sparkassen ausgiebig gefeiert. Die Kosten spielten damals keine Rolle, wie Arbeitnehmer berichten. Aufsichtsratschef Rolf Gerlach habe seinen Stolz auf die FI-Mitarbeiter zum Ausdruck gebracht. Als Moderator der Party war Johannes B. Kerner engagiert, das Marburger Symphonieorchester sorgte für den feierlichen Rahmen. Eine Geste, die offenbar nicht viel bedeutete.