Nach der Parlamentswahl in Israel gibt es noch immer keine Einigung im Streit um das Amt des Ministerpräsidenten.

Tel Aviv - Nach der Parlamentswahl in Israel gibt es noch immer keine Einigung im Streit um das Amt des Ministerpräsidenten. Sowohl Außenministerin Zipi Livni als auch der bisherige Oppositionsführer Benjamin Netanjahu setzten am Donnerstag ihre Bemühungen fort, andere Parteien für eine Regierungskoalition zu werben. Angesichts des deutlichen Rechtsrucks bei der Wahl rief die radikal-islamische Hamas zur Fortsetzung "von Krieg und Terror" gegen Israel auf.

Nach israelischen Medienberichten hat der 59 Jahre alte Vorsitzende des rechtsorientierten Likuds bislang die besseren Chancen, in der kommenden Woche von Präsident Schimon Peres mit der Regierungsbildung beauftragt zu werden. 50 der 120 Abgeordneten wollten Netanjahu als künftigen Regierungschef vorschlagen, berichtete der israelische Rundfunk. Livni habe bislang nur die Stimmen ihrer Partei. Unklar sei sogar, ob Livni die Unterstützung der linken Meretz-Partei und ihres ehemaligen Koalitionspartners, der sozialdemokratischen Arbeitspartei von Verteidigungsminister Ehud Barak, erhalte.

Die in der politischen Mitte gelegene Partei Livnis muss jetzt sogar noch um ihre Position als stärkste Fraktion im neu gewählten israelischen Parlament fürchten. Bis zum Donnerstagabend sollten nach Medienangaben die Stimmen von Soldaten, Diplomaten, Häftlingen und Krankenhauspatienten ausgezählt werden. Da in der Vergangenheit die Armeeangehörigen stärker Parteien des rechten Lagers bevorzugt hätten, könnte es auch bei der diesjährigen Wahl noch eine Sitzverschiebung geben, hieß es.

Bislang führt Kadima mit 28 der 120 Sitze. Knapp dahinter folgt der Likud. Netanjahu hofft, dass er nach Auszählung der Soldatenstimmen mit Livni gleichziehen kann und dann von Staatspräsident Schimon Peres mit der Regierungsbildung beauftragt wird.

Nach Angaben der "Jerusalem Post" kann es eine Verschiebung von bis zu vier Mandaten geben. Nach anderen Schätzungen werden die rechten Parteien zwei Mandate zu Lasten der arabischen und linken Parteien hinzugewinnen. Mit 67 von 120 Mandaten für die rechten, ultra-rechten, national-religiösen und ultra-religiösen Parteien wäre der Rechtsruck in Israel dann so stark, wie er bei Wahlumfragen zuvor vorhergesagt worden war.

Angesichts des Rechtsrucks in Israel sprach sich die radikal-islamische Hamas für eine Fortsetzung von Gewalt und Terror aus. Die Palästinenser müssten ihren bewaffneten "Widerstandskampf" verstärken, weil Israel nur die Sprache von Krieg und Terrorismus verstehe, sagte Hamas-Sprecher Fausi Barhum. Hamas werde seinen Kampf solange fortsetzen, bis die Palästinenser "alle legitimen Rechte" zurückbekommen hätten.

Die moderate Palästinenserführung um Präsident Mahmud Abbas forderte hingegen am Donnerstag in Ramallah die künftige israelische Regierung auf, den Friedensprozess ernsthaft fortzusetzen. Voraussetzung dafür sei ein Ende aller Bau- und Ausbauaktivitäten in jüdischen Siedlungen. Darüber hinaus müsse die Regierung alle mit den Palästinensern geschlossenen Vereinbarungen einhalten.