Lachs auf isländische Art in der Fish Company. Foto: Restaurant

In Island essen sie Haie. Und Hotdogs. Aber nicht nur. In Sachen Kulinarik hat sich einiges getan. Zu Besuch bei den Pionieren am Polarkreis.

Reykjavík - Man könnte den Isländern unterstellen, keine wirklichen kulinarischen Traditionen zu haben. Vielleicht liegt es an den langen, dunklen Wintern, in denen sie ein Faible für etwas abseitige Speisen entwickelt haben. Die Isländer legten alles ein. In Essig etwa, um es über den Winter haltbar zu machen. Oder sie verbuddelten die seltsamsten Dinge im Boden. Hai zum Beispiel, der passenderweise auch „Gammel-Hai“ genannt wird. Er wird in der Erde vergraben und gammelt eben so vor sich hin.

Das fermentierte Endprodukt riecht streng nach Ammoniak. Böse Zungen behaupten, es rieche nach Urin. Womöglich bekommen ihn heute nur noch Touristen angeboten, die das eklige Stück mit dem Brennivin-Schnaps, der auch „Schwarzer Tod“ genannt wird, hinunterspülen und davon zu Hause erzählen können. Die Isländer sind ein glückliches Völkchen. Sie führen den Global Peace Index 2012 als sicherstes und friedlichstes Land der Welt an. Die Menschen, die an Elfen glauben, tragen Wollpullover, wenn es kalt wird. So kann man es beobachten, wenn man am berühmtesten Hotdog-Stand Islands ansteht. Das Würstchen im labbrigen Brötchen ist der Snack für zwischendurch, wärmend von innen. Von außen tut’s die Wolle. Inzwischen ist die kratzige Oberbekleidung so gefragt, dass Pullis importiert werden. „Made in Asia“ steht auf den Etiketten. Das passt den Isländern gar nicht in das lokalpatriotische Selbstbild, das sich nach der schweren Wirtschaftskrise im Herbst 2008 noch verstärkte. Selbst auf die Teller kommt nur noch Isländisches.

Iss, was vor deiner Tür wächst

Die Krise und der Hype um die „New Nordic Cuisine“ haben die Isländer umdenken lassen. Jetzt kommen auch noch mehr Touristen, weil eine Reise auf die Vulkaninsel nicht mehr zu kostspielig ist. Das Bier kostet nun fünf statt stattlicher zehn Euro. Man kann ein Mahl für 3, 15 oder auch 50 Euro pro Person zu sich nehmen. Günstig ist es anderswo. Es ist aber auch nicht teurer als an der kroatischen Küste oder in der Innenstadt Roms. Es schmeckt jedoch ganz anders. Inspiration kommt vom Festland, die Produkte von der Insel. Die Isländer spicken beispielsweise nach Dänemark, wo es in Kopenhagen das Noma gibt, das immer wieder als „bestes Restaurant der Welt“ ausgezeichnet wird. Islands Köche sind Pioniere am Polarkreis, weil sie das verwenden, was die Insel ihnen bietet. Hier wird verarbeitet, was die karge Vulkaninsel hergibt: Pilze, Muscheln, Beeren, Fisch und Fleisch. Das ist ganz im Sinne von Slow Food oder dem Regionalhype. Ganz nach dem Motto: Iss, was vor deiner Tür wächst. Auf Island aber wächst von Natur aus erst mal gar nicht so viel. In den von der Erdwärme beheizten Gewächshäusern bauen sie Tomaten, Gurken, Salat und Karotten an. Lamm und Fisch sind mit die zwei wichtigsten Produkte der Insel.

Die Schafe grasen im Sommer auf dem Hochland. Feinste Kräuter natürlich. Das schmeckt man. Mit der traditionellen Hausmannskost hat das isländische Essen aber nicht mehr viel gemein. 2011 hat das Grillmarket eröffnet. Ohne zu reservieren, geht in der sehr urbanen Lokalität mit Lavagestein an den Wänden gar nichts. Im Februar, wenn das Ess-Festival „Thorrablót“ stattfindet, steht Essen noch mehr im Mittelpunkt - ob mit Freunden und Familie beim Vesper mit Fladenbrot mit viel Butter und geräuchertem Lamm oder in der schicken Sushibar Rub 23 in Reykjavíks Innenstadt. Die Isländer lieben Fisch. Vor allem die jungen Leute mögen ihn ob der wenigen Kalorien und vielen Proteine am liebsten roh. Das kleine Fischerdorf Grindavík unweit der Hauptstadt Reykjavík ist nicht besonders hübsch.

„Wenn du keinen Fisch isst, wirst du nicht schön“

Die Kirche wurde zum Kindergarten umfunktioniert, was viel über die Isländer sagt: Die Geburtenraten steigen. Hier im Hafen von Grindavík steht Pall Pálsson, 28 Jahre alt, auf seinem Schiff. Zehn Jahre ist er selbst hinausgefahren. Vor einem halben Jahr ist er ins Familienunternehmen eingestiegen. Gefischt wird vor allem Kabeljau. Die Fischereien in Island haben sich zusammengeschlossen, um das Ökosystem zu schützen. Stichwort: Nachhaltigkeit. Zu Margret Benediktsdóttir hat ihr Vater schon immer gesagt: „Wenn du keinen Fisch isst, wirst du nicht schön.“

Man staunt, als sie ihr Alter verrät: 53 Jahre ist sie - und die Chefin bei Stakkavik, einer Fischerei, die Kabeljau auch nach Portugal, Spanien und Griechenland exportiert - als Bacalauh, als Stockfisch. Kreativ und geschäftstüchtig, wie die Isländer sind, machen sie aus der Fischhaut Kunst oder Geldbeutel. Ari Thorr hat Feierabend. Der 22-Jährige ist Koch in der Fish Company inmitten von 101 Reykjavík. Das „Around Iceland“-Menü vereint, was das kleine Land und das Meer drum herum zu bieten haben. „Wir kaufen alles von isländischen Bauern“, sagt Thorr. Es gibt Lachs und Lamm. Nur aus den Boxen singen die Beach Boys - und nicht Björk.

Infos zu Reykjavík

Anreise
Icelandair oder Iceland Express fliegen ab Frankfurt/ M. nach Reykjavík. Außerdem fliegt die Billigairline Wow Air direkt von Stuttgart nach Reykjavík - aber nur in den Sommermonaten.

Unterkunft
Reykjavík bietet Hotels für jeden Geschmack. Meist sind sie preislich jedoch teurer, als wir es gewohnt sind. Hier eine Auswahl: Das Fosshotel Baron liegt ganz zentral in Reykjavík. Das DZ kostet ab 120 Euro die Nacht ( www.fosshotel.is ).

Hotel Centrum Reykjavík, ab 80 Euro die Nacht pro Person im DZ (www.hotelcentrum.is ).

Centerhotel Thingholt, ab 90 Euro die Nacht pro Person im DZ ( www.centerhotels.com ). Es gibt aber auch Apartments ( www.roomwithaview.is ).

Foodfestival
Vom 27. Februar bis 3. März findet in Reykjavík das Food & Fun-Festival statt. Weitere Informationen unter www.foodandfun.is .

Gute Restaurants
Das Vox ( www.vox.is ) im Hilton zählt zu den besten des Landes. Hier wie auch im Grillmarket ( www.grillmarkadurinn.is ) sollte man unbedingt reservieren.

Das Restaurant Dill ( www.dillrestaurant.is ) ist eines der besten Restaurants des Landes. Etwas außerhalb von Reykjavík liegt es in einem Vogelreservat.

Slipbarinn im Marina Hotel ( www.icelandairhotel.com ) ist skandinavisch modern eingerichtet und bietet einen tollen Blick auf den Hafen in Reykjavík.

Auch in der Fish Company ( www.fishcompany.is ) wird mit isländischen Produkten gekocht.

Snacks für zwischendurch Die beliebteste Hotdog-Bude Reykjavíks heißt Baejarins beztu Pylzur (Tryggvagotu 1, Reykjavík 101) . Schon Bill Clinton hat hier ein Würstchen im Brötchen verspeist.

Ins Saegreiffinn (im Hafen von Reykjavík) kommen die Touristen, um zwischen Fischernetzen und ausgestopften Seehunden die Hummersuppe aus Tassen zu löffeln. Es gibt aber auch „Moby Dick on a Stick“: gegrilltes Minkwalfleisch.

Toll ist auch die Hafenkneipe Bryggjan in Grindavík. Hier gibt es Fisch in seiner ursprünglichen Form. Die Spezialität des Hauses: Shrimps mit Käse, Kaviar, Zitrone und Birne, was extrem riecht, aber doch sehr gut schmeckt. Der isländische Autor Ólafur Gunnarsson ist hier Stammgast.

Was Sie tun und lassen sollten
Auf jeden Fall eine Sea-Angling-Tour mit Special Tours ( www.whalewatchingreykjavik.com ) unternehmen. Die Boote starten im Hafen von Reykjavík. Hier kann man seinen Fisch selbst fangen. Und gleich an Bord grillen und verzehren.

Auf keinen Fall Gammel-Hai probieren. Lässt sich nur mit dem nach Lakritz schmeckenden Schnaps hinunterspülen.