Liberale Opposition wirft der grünen Wissenschaftsministerin vor, keine Aufklärung am Tübinger Islamzentrum zu wollen.
Stuttgart/Tübingen - Die FDP-Fraktion übt scharfe Kritik am Umgang der Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) mit Islamismus-Vorwürfen gegen das Tübinger Zentrum für Islamische Theologie (Zith): „Die Vorgänge am Islamzentrum sind bedenklich, der Umgang im Wissenschaftsministerium damit ist aber skandalös“, sagt Stephen Brauer, der hochschulpolitische Sprecher. „Die nachhaltige Ignoranz der Ministerin“ sei verwunderlich.
Unsere Zeitung hatte über Kontakte von Tübinger Dozenten zur islamistischen Muslimbruderschaft berichtet. Zuletzt geriet der Islam-Professor Abdelmalek Hibaoui in die Kritik, weil er in Ankara an einer von türkischen Islamisten organisierten Konferenz teilnahm, bei der zur Vernichtung Israels aufgerufen wurde. Hibaoui distanzierte sich im Nachhinein von den radikalen Aussagen der Konferenz. Die Universität Tübingen dementiert jede Nähe ihrer Mitarbeiter zu Extremisten, will aber „künftig genauer als in der Vergangenheit hinsehen“, teilte der der Uni-Rektor Bernd Engler mit.
Keine Konsequenzen
Die Universität habe „einen Diskussionsprozess angestoßen“. Tübinger Wissenschaftler würden „Leitlinien und Verfahrensweisen darüber erarbeiten, welche Kontrollen sowie arbeits- oder dienstrechtlichen Maßnahmen und Konsequenzen seitens der Universität für derartige Fälle vorgesehen werden“, heißt es in einer aktuellen Antwort des Wissenschaftsministeriums auf eine FDP-Anfrage. „Das ist viel zu wenig. Konsequenz sieht anders aus“, meint der Abgeordnete Brauer. Ministerium und Uni-Rektorat hätten zuvor „sofortige arbeits- und dienstrechtliche Konsequenzen für Professoren angedroht“, die mit der Bruderschaft oder anderen Extremisten zusammenarbeiten. „Obwohl eine solche Zusammenarbeit zumindest in einem Fall nachweislich erfolgt ist“, so Brauer mit Blick auf Hibaoui, sei jetzt nur von einem „Diskussionsprozess“ die Rede.
Auch die Antwort der Ministerin zur Frage nach Stipendien für Zith-Studenten durch extremistische Gruppen wie Milli Görüs hält der Abgeordnete für sträflich unzureichend. Bauer sprach unter Berufung auf die Uni von „gelegentlichen Hinweisen“, dass es „zumindest in Einzelfällen Stipendien“ oder Hilfen beim Wohnen „seitens nicht näher genannter externer Organisationen“ gebe. „Man müsste doch ein Interesse daran haben, jegliche Abhängigkeit von radikalen Kräften auszuschließen“, so Brauer mit Blick darauf, dass am Zith islamische Religionslehrer ausgebildet werden.
Rückendeckung vom Grünen Volker Beck
Rückendeckung erhält die FDP von der Islamismus-Expertin Sigrid Herrmann-Marschall: „Es erscheint hilflos und nicht zweckdienlich, einen Verhaltenskodex von den möglicherweise betroffenen Personen selbst erarbeiten zu lassen.“ Der Grüne Volker Beck, Fachmann für Religionspolitik, meint, Leitlinien und Verfahrensweisen gingen am Problem vorbei: „Nur die Klärung der Position der Lehrenden und ihrer tatsächlichen Verbindungen und Loyalitäten sowie eine klare rote Linie gegenüber Islamisten kann hier verhindern, dass wir an unseren Universitäten Feinde der Demokratie fördern.“