Islamischer Religionsunterricht auf deutsch Foto: dpa

Land verlängert Islam-Unterricht. Mehr Stuttgarter Schulen nehmen aber nicht am Projekt teil.

Stuttgart - Seit vier Jahren gibt es in Stuttgart an zwei Schulen islamischen Religionsunterricht. Zum neuen Schuljahr hat das Land das Modellprojekt um weitere vier Jahre verlängert. Schüler, Eltern, Pädagogen und Behördenvertreter loben das Angebot. Trotzdem wird es auf absehbare Zeit keine weiteren Standorte geben.

Die Zahlen, die Schulamtschefin Ulrike Brittinger am Dienstag in den Schulbeirat mitgebracht hat, lassen aufhorchen. An Schwab- und Friedensschule im Westen nehmen demnach 203 von 260 Schülern muslimischen Glauben am islamischen Religionsunterricht in den Klassenstufen von eins bis sechs teil. Das sind rund 78 Prozent. An der Rosenstein-Schule im Norden der Stadt liegt die Quote in der Grundschule sogar bei 90 Prozent. Vor zwei Jahren lagen die Zahlen noch deutlich niedriger, der Erfolg wurde bezweifelt. Yavuz Kazanc vom Verband der Islamischen Kulturzentren hatte damals noch von einer mangelnden Information der Eltern gesprochen.

Doch das Angebot scheint sich inzwischen herumgesprochen zu haben. "Wir haben in beiden Schulen eine sehr hohe Akzeptanz", sagt Ulrike Brittinger. Insgesamt seien vier Lehrkräfte im Einsatz, damit könnten auch Ausfälle wegen Krankheit überbrückt werden. Bei Eltern, Lehrern und Schülern sei der Bekenntnisunterricht sunnitischer Prägung längst kein Aufreger mehr. Im Gegenteil: An beiden Schulen würden Lehrkräfte aller Konfessionen zusammenarbeiten, um etwa religiöse Feste des anderen kennenzulernen. "Das Wissen übereinander ist die Basis für eine gute Integration so Brittinger.

Auf Seiten der Muslime fehlen Ansprechpartner

Auch die Parteien des Gemeinderats bewerten den bisherigen Ansatz positiv. "Ich bin hocherfreut über das Wirken des Modells", so CDU-Fraktionschef Fred-Jürgen Stradinger. Vittorio Lazaridis von den Grünen bezeichnete die Zahlen als "überraschend gut". Marita Gröger (SPD) stellt sich angesichts der positiven Bilanz nur die Frage nach der Ausweitung des Unterrichts. ."Wir als Stadt würden es begrüßen, wenn wir mit diesem Angebot schneller in die Fläche gehen könnten", sagt Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) und kann sich mit dieser Forderung der Unterstützung aller Fraktionen sicher sein.

Doch der Ausbau liegt in den Händen des Landes. Und der kommt nur sehr schleppend voran. Zu Beginn des Modellversuchs waren es zehn Standorte in den Regierungsbezirken Stuttgart, Karlsruhe und Freiburg, davon nur zwei in der Landeshauptstadt selbst. In diesem Jahr sind gerade mal fünf Standorte hinzugekommen, keiner davon liegt in Stuttgart. Um eine Fortführung des Unterrichts für die Grundschüler zu ermöglichen, wurde das Angebot außerdem auf die Klassenstufen fünf und sechs ausgedehnt. So können die ehemaligen muslimischen Schwabschüler nun in der nahe gelegenen Friedensschule, eine Hauptschule, weiter in den Religionsunterricht gehen. Die Rosensteinschule bietet islamischen Religionsunterricht durchgehend von Klasse eins bis sechs an.

Das Kultusministerium nennt für die schleppende Ausweitung vor allem zwei Gründe. Zum einen gebe es noch zu wenig ausgebildetes Personal. Laut Schulamtsleiterin Ulrike Brittinger belegen derzeit etwa 60 angehende Lehrkräfte an den Pädagogischen Hochschulen Karlsruhe, Ludwigsburg, Weingarten und Freiburg den qualifizierenden Studiengang Religionspädagogik islamischer Theologie. "Das ist noch zu wenig um in die Fäche zu gehen." Und das vom Bund erst kürzlich genehmigte Zentrum für islamische Theologie an der Universität Tübingen, das ebenfalls Entlastung bringen soll, befindet sich erst im Planungsstadium. Bis von hier die ersten Absolventen an die Schulen gehen, dürften noch mehrere Jahre vergehen.

Außerdem weist das Kultusministerium regelmäßig auf einen fehlenden Ansprechpartner auf Seiten der Muslime hin. Bisher gehe das Land in Vorleistung, in dem es auch die fachliche Aufsicht über den Unterricht übernehme, die normalerweise bei den Kirchen liege. Wer hier auf wen zugehen müsste, ist offenbar noch nicht geklärt. "Wir haben die Lehrpläne mitentwickelt und für gut befunden", sagt auf Anfrage Riad Ghalani von der Islamischen Religionsgemeinschaft Baden-Württemberg. "Danach ist der Dialog wieder eingeschlafen".