Sigmar Gabriel war mit einer großen Wirtschaftsdelegation zu einem zweitägigen Besuch in Teheran (Iran). Foto: dpa

Der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani hat den Termin mit dem Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel in Teheran kurzfristig abgesagt – ohne Begründung.

Teheran - Geplant gewesen ist ein Signal, dass Deutschland nicht rücksichtslos nur Geschäfte mit dem Iran macht, sondern auch zur Verbesserung der Menschenrechtslage beitragen will. Zum Abschluss seines Besuches in Teheran wollte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bei einem Treffen mit dem konservativen iranischen Parlamentspräsidenten Ali Laridschani Tacheles reden. Im Namen der Bundesregierung sollte die Freilassung oder Begnadigung minderjähriger Todeskandidaten gefordert werden.

Nach Angaben seines Sprechers wurde der Termin am Dienstagvormittag jedoch „ohne Begründung abgesagt“. Die lieferte Gabriel später selbst. „Das ist Teil des inneriranischen Wahlkampfs“, sagte der Vizekanzler in Bezug darauf, dass er im Hinblick auf die Präsidentenwahl 2017 von den Konservativen im Iran nicht empfangen wurde, von den Reformern in der Regierung aber sehr wohl: „Ich fühle mich angemessen aufgenommen, insbesondere durch das Gespräch mit dem Vizepräsidenten.“ Der Stellvertreter von Hassan Rohani, der sich als Ersatz für Laridschani angeboten hatte, hörte nach Angaben aus der deutschen Delegation an, dass Gabriel konkrete Fälle von zum Tode verurteilten Jugendlichen nannte, für die er sich einsetzen wollte.

Gabriel als „Zionistenfreund“ beschimpft

Der politische Affront ging von den konservativen Kräften aus, denen Gabriels Äußerungen im Vorfeld der Reise sauer aufgestoßen waren. Am Vortag hatte etwa der Bruder des Parlamentspräsidenten, der Justizchef Sadegh Laridschani, den Besuch des Vizekanzlers scharf verurteilt: „Falls ich in der Regierung oder Außenminister wäre, hätte ich dieser Person nicht erlaubt, ins Land zu reisen.“ Zeitungen, die dem erzkonservativen islamischen Wächterrat des Landes nahestehen, hatten Gabriel zuvor als „Zionistenfreund“ bezeichnet, weil er als Voraussetzung für einen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen vom Iran eine Anerkennung seines Erzfeindes Israel gefordert habe. Doch das stimmt so nicht.

Zwar hatte Gabriel kurz vor der Abreise klargestellt, es könne „keine freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Iran geben, solange der Iran nicht das Existenzrecht Israels anerkennt“. Auf einem Wirtschaftsforum am Montag in Teheran hatte er jedoch auch gesagt, dass die konträren Positionen zu Israel besseren Handelsbeziehungen nicht im Wege stünden. Vielmehr wollen die Bundesregierung Rohanis Öffnungskurs unterstützen.

Drei Exekutionen von Jugendlichen im Jahr 2015

In Fragen der Menschenrechte schlägt sich dieser allerdings noch nicht nieder. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beklagte kürzlich „eine zunehmende Verschlechterung der Menschenrechtslage seit Inkrafttreten des Atom-Abkommens im Januar 2016“. Im aktuellen Jahresbericht ist von zahlreichen Todesurteilen selbst nach minderschweren Drogendelikten und Hinrichtungen die Rede, die teils auch in der Öffentlichkeit stattfinden. Für das Jahr 2015 sind mindestens drei Exekutionen Jugendlicher dokumentiert.

Als Mut machendes Signal wurde in der deutschen Delegation dagegen gewertet, dass es im iranischen Parlament zumindest eine Debatte dazu gibt, ob die Todesstrafe bei Drogendelikten – immerhin zwei Drittel der Fälle – abgeschafft werden soll. Die Menschenrechtsorganisation erwähnen jedoch auch andere extreme Strafen: „Die Gerichte verhängen, und die Behörden führen weiter Strafen aus, die das Verbot der Folter und anderer gemeiner, unmenschlicher und erniedrigender Strafen verletzten.“

Trotz der politischen Eklats reiste Gabriel aber nicht früher aus Teheran ab, sondern wie geplant erst am Nachmittag – den Vormittag nutzte er, um einen Palast aus der Schah-Ära zu besuchen.